24. Mai 2013

Ironman auf der Insel der Feuerberge

Es ist Samstag der 18. Mai 2013. Ich stehe mit 1900 anderen Athleten und zahlreichen Zuschauern, Presse und Wettkampfhelfern am Playa Grande in Puerto del Carmen auf Lanzarote und warte auf das Startsignal des Ironman Lanzarote mit der vermeintlich härtesten Strecke der Welt. Ein Rennen, das in der Vita eines „Ironman“ eigentlich nicht fehlen sollte. Vor einigen Minuten hat es angefangen zu regnen. Eigentlich hatten hier einige zumindest einen Ironman mit Schönwettergarantie erwartet – dem war heute nicht so. Ich habe das Rennen schon einmal geschafft. Damals war ich zwar von dem Wettkampf – bei weitgehend schönem Kanarenwetter übrigens – und der Insel sehr begeistert, nur mit meiner eigenen Leistung war ich unglücklich – zu viel war damals schief gelaufen. So lag es nahe irgendwann mal wieder zurück zu kehren und es nochmal zu versuchen. Dieses Jahr passte endlich wieder alles. Die Vorzeichen waren dieses Mal allerdings etwas anders: damals hatte ich mich konsequent und längerfristig mit Trainingslager, Trainingsplan und Testwettkämpfen auf das Rennen vorbereitet, hatte grosse Ziele, dieses Jahr war die spezifische Vorbereitung auf dieses Rennen eher kurzfristiger und unkonventionell. Mein Ziel war trotzdem zumindest eine Verbesserung des alten Ergebnisses zu erzielen. In Gedanken ging ich nun hier am Start zum wiederholten Male das Rennen von damals und die Teilstrecken mit ihren Spezifika durch. Der Regen tangierte mich nicht und von dem Drumherum bekam ich wenig mit. 

Vorbereitungen an der Schwimmstrecke
Dann das Startsignal. Augenblicklich schob sich der lange schwarze Athletenwurm vom feinen Sandstrand in das Meer. Vor mir fing das Wasser an zu brodeln. Die Zuschauer, die um 5 Uhr aus den Pubs und Diskotheken an der Playa kamen, hatten uns sowieso schon mit grossen Augen beobachtet, als wir unsere Räder präparierten und uns im Anschluss in diese schwarze Gummiwulst zwängten. Doch spätestens bei dem Anblick eines Ironman-Massenstarts hier draussen im kühlen Atlantik war vermutlich jedes Verständnis dahin. Meine Strategie für die erste Disziplin war es mich zu Beginn aus dem übelsten Getümmel rauszuhalten, möglichst ruhig weiter nach vorne kommen und erst, wenn die Positionskämpfe weniger wurden, richtig auf's Tempo zu drücken. Eine Schwimmbestzeit hatte ich eh nicht vor. Im Vorfeld war ich mehrmals die Strecke abgeschwommen und nach meiner Messung war sie etwas zu lang. Ausserdem hatte ich meine Prioritäten im Training anders gesetzt. Einige Male hatte ich heute trotzdem Gruppen von langsameren Schwimmern vor mir, an denen ich mich erst mal vorbei arbeiten musste. Von den üblichen Schlägereien blieb ich zum Glück weitgehend verschont. Ich fühlte mich recht gut im Wasser, doch richtig Rhythmus wollte in dieser Waschmaschine zu Beginn nicht reinkommen. Zumindest der Wellengang des Atlantik hielt sich heute in Grenzen – das Wasser war relativ ruhig. Fische konnte ich unter uns nur wenige sehen, da war letztes Mal noch mehr los. Ab und zu roch man den Diesel der Motorboote um uns herum. Nach der halben Strecke ging es dann zu einem kurzen Ausstieg an den Strand: für das Publikum sicher immer ein Spektakel, kann man doch die Platzierungen der einzelnen Athleten und auch so manchen lustigen Ausrutscher sehen. Mich nerven diese Landgänge mehr. Denn kaum wieder im Wasser begannen die Positionskämpfe schon wieder von Neuem. Wenigstens der Regen war durchgezogen. Anstatt dessen konnten wir im Süden einen Regenbogen erkennen. Erst nach der zweiten Boje merkte ich wie es langsam ruhiger um mich herum wurde, konnte mich weniger nach anderen Schwimmern richten und musste mich häufiger an Landmarkierungen orientieren. Offenbar hatte ich inzwischen doch einige hinter mir gelassen und fand mit der Ruhe um mich herum nun auch endlich zu meinem Rhythmus. Endlich konnte ich auch ungestört längere Züge machen. Der Ausstieg und das Ende der ersten Disziplin kamen dann etwas schneller als erwartet. 

Ready for the race
Die zweite Disziplin versprach interessant zu werden. Die Radstrecke des Ironman Lanzarote ist sicher das Highlight dieses Wettkampfs: in einer grossen 180-Kilometer-Runde geht es vorbei an allen touristischen Hotspots der Kanareninsel. Auf dem Kurs kommt zu den über 2.500 Höhenmetern oft noch ein heftiger und böiger Wind hinzu, der es den Teilnehmern nicht gerade leichter macht. Zu Beginn war von Wind im Vergleich zu den Vortagen noch wenig zu spüren, dafür kam mir gleich hinter dem Ort eine graue Regenwand aus der Inselmitte entgegen. Ich musste nicht lange warten, da radelte ich schon im nächsten Schauer. Als es kurz etwas flacher wurde, wollte ich mich verpflegen. Leider hatte ich heute morgen trotz penibler Vorbereitung am Vorabend in der morgendlichen Hektik meine feste Radverpflegung in der falschen Tasche im Hotel gelassen. Routine hin und her, aber ich bin auch nur ein Mensch, da kann sowas schon mal passieren. Ich versuchte trotzdem ruhig zu bleiben und wollte das Beste daraus machen. Da es am Start nichts gab, musste ich mich auf meine Getränke verlassen und wollte zumindest eine meiner Mineralienkapseln nehmen, die ich für den Notfall eingepackt hatte. Doch leider waren die durch den Regen inzwischen so weit aufgeweicht und zusammengeklebt, dass sie zusammenklebten und nicht mehr geniessbar waren. Kurz darauf sollte ich sie dann sowieso verlieren. Es blieb mir also nichts anderes übrig als auf die nächste Verpflegung zu warten und mich auf das zu verlassen, was ich dort bekam. Nach rund 22 Kilometern hatten wir dann den ersten längeren Anstieg mit knapp 250 Höhenmetern gepackt. Es folgte eine lange und rauschende Abfahrt hinunter nach El Golfo auf der mir der führende Faris Al Sultan zum ersten Mal entgegen kam (später beim Marathon sollte ich ihn wiedersehen). Die Tropfen des feinen Regens stichelten bei diesem hohen Tempo wie kleine Nadeln auf meiner Haut. Die spektakuläre Küstenstrasse an der Saline unten bei El Golfo haben sicher die Meisten schon mal irgendwo gesehen, wird sie doch gerne von Autofirmen für Werbeaufnahmen ihrer neuesten Modelle genutzt. Die Vulkane sind hier von Eisen noch sehr rot, während am Strassenrand schwarzer Lavastein und weit unten der brausende blaue Ozean weitere Farbakzente setzen. Heute herrschte hier tristes Grau vor, dafür liess der Regen langsam nach. Ich hielt mich auf dem Rad noch zurück und versuchte nicht gleich so früh alle Körner rauszublasen, trotzdem lief es platzierungsmässig ganz gut. Ein gut gelaunter Brite wollte mit mir schon kurz hinter El Golfo über unsere Radzeit spekulieren, doch das war mir zu früh. Kurz darauf fing es an meinem Rad dann zu knacken an und intensivierte sich mit jedem Tritt. Nachdem ich es nicht genau orten konnte, versuchte ich es erst zu ignorieren, doch es machte mich zunehmend nervöser. Meine Vermutung war, dass sich die Schraube einer Schuhplatte löste, was einige Wochen zuvor schon mal zu einer unfreiwilligen Verkürzung einer Radtrainingsrunde geführt hatte. Ich hatte den Sitz der Schrauben zwar vor dem Start nochmal geprüft, aber kurz vor dem Nationalpark Timanfaya hielt ich es dann mit dem Knacken nicht mehr aus und hielt an, lehnte mein Rad an ein Schild, fummelte mein Werkzeug aus der Satteltasche, prüfte die Schrauben an dem besagten Schuh abermals und fuhr dann weiter. Leider war das Knacken noch immer da. Nun konnte ich aber wirklich nichts mehr selbst machen – also weiter das Knacken ignorieren und hoffen. Tatsächlich sollte es dann später doch wieder von selbst verschwinden. Der Nationalpark Timanfaya mit seinen Kamelkarawanen und den spektakulären, schlafenden Vulkanen ist vermutlich das beliebteste Postkartenmotiv der ganzen Insel. Wir hatten heute nur wenig Zeit diese atemberaubende Umgebung zu geniessen. Schnell ging es hinaus aus den sogenannten Feuerbergen hinüber nach Tinajo und von da an die eher wüstenartige Westküste mit den Kitesurfern von Famara und dem Athletenclub La Santa. Der Regen war inzwischen weggezogen, dafür hatte der Wind unangenehm aufgefrischt – kam überall her nur nicht von hinten. Als es wieder bergab in Richtung Meer ging rauschte ich in einem der kleinen Orte wohl etwas zu schnell über einen der Speedbumps. Plötzlich flog meine vordere Flasche aus der Lenkerhalterung aus ihrer Befestigung vor mir auf die Strasse. Zu allem Überdruss fuhr ich noch drüber, stürzte aber wenigstens zum Glück nicht. Eine kurze Überlegung, ob ich umkehren und sie zurückholen sollte. Doch erstens war ich auf dieser abschüssigen Strasse viel zu schnell, umkehren zu gefährlich, und zweitens gab es keine Garantie, dass die Flasche noch heil wäre – vermutlich hatte sie auch schon einer der Zuschauer von der Strasse weggenommen. Also fuhr ich weiter, doch eine gewisse Verzweiflung machte sich breit: keine Riegel dabei, die Mineralien verloren und jetzt auch noch die Lenkerflasche weg, die ich immer mit den gereichten Getränken auffüllte. Die letzte verbliebene Flasche im Rahmen hatte einen speziellen Halter, da bekam ich keine normale Flasche rein. Ausserdem war da meine Spezialmischung drin, die ich erst im zweiten Teil der Strecke verwenden wollte. Ein bisschen kam es mir vor als ob eine übersinnliche Macht mir das Finishen heute verdammt schwer machen wollte. Da fiel mir ein, dass mein Triathlontrikot heute eine etwas grössere Tasche hatte als das vieler anderer Hersteller. Der Test an der folgenden Verpflegung glückte: hier passte tatsächlich eine Flasche rein – ich hatte also einen neuen, nicht ganz so aerodynamischen, Flaschenhalter gefunden. Von Famara folgte nun der längste Anstieg auf den höchsten Punkt der ganzen Radstrecke in die Berge nach Los Nieves und auf den Mirador del Haria. Eigentlich bin ich ein guter Bergfahrer, doch dieses Mal hatte ich Schwierigkeiten. Zuerst hatte ich nur Mühe und schob das auf die Steigung. Doch langsam schwanden mir immer mehr die Kräfte; rückblickend hatte ich die klassischen Anzeichen einer Unterzuckerung. Umso höher es ging, umso schwerer wurde es. Oben bliess uns der Wind stramm ins Gesicht. Ich war ein wenig verzweifelt ob dieser Schwächephase, hatte ich mich auf der ersten Hälfte der Radstrecke doch bewusst zurückgehalten, um gerade hier gut hochzukommen. Doch nun: einer nach dem anderen überholte mich! Instinktiv machte ich vermutlich das einzig Richtige und trank oben angekommen von meiner hochkonzentrierten Gel-Wasser-Mischung. Es folgte nun erst mal die Serpentinenabfahrt ins „Tal der tausend Palmen“ hinunter nach Haria. In den vielen engen Haarnadelkurven war höchste Konzentration geboten. Die Strasse war bei schönem Wetter schon nicht ungefährlich, der Wind und der feuchte Asphalt setzen dem Schwierigkeitsgrad heute noch etwas rauf. Ich kam recht gut hinunter in den Ort und machte mich gleich an den nächsten 200m-Aufstieg hinauf zum Mirador del Rio – für mich persönlich das absolute, optische Highlight dieser grossen Runde.
Blick vom Mirador nach Süden
Auf einer kleinen Seitenstrasse arbeitet man sich hier bis zum 475 Meter über dem Meeresspiegel liegenden Punkt an der Steilküste des Famaramassivs hinauf. Vor dem Gipfel öffnet sich den Athleten zur linken Seite ein phänomenaler Weitblick über die steilen Felsklippen und die etwa 2 km breite Meerenge auf das Chinijo-Archipel, die Insel La Graciosa und weitere Lanzarote im Norden vorgelagerte Inseln. In den 80er Jahren wurden hier oben Teile der Weihnachtsserie Tim Thaler gedreht.
Meerenge und La Graciosa
Inzwischen hatte ich mich soweit erholt, dass ich meine Position im Feld wieder halten konnte und keine weiteren Plätze mehr verlor. Vom Mirador folgte dann eine längere Abfahrt bis hinunter ans Meer. Zuerst recht ruppig, dann in abermals engen, unübersichtlichen Kurven. Ich kannte die Abfahrt und ihre Tücken und kam gut hinunter. Andere hatten weniger Glück. In einer der Kurven lag einer der Radfahrer hinter einer Leitplanke zwischen Lavasteinen und wurde verarztet, während ein paar andere Helfer schon sein Rad in den Wagen hievten. Überhaupt konnte man am heutigen Tage relativ viele gestürzte Athleten sehen. Ich hoffe, keinem von ihnen ist etwas Ernstes passiert. Zumindest schienen die Helfer der Organisation immer recht schnell vor Ort zu sein. In der letzten Abfahrt fuhr ein kleiner Lieferwagen aus einem Feldweg vor mir auf die Strasse und bremste mich den nächsten Kilometer etwas aus, da ich ihn wegen des Gegenverkehrs nicht überholen konnte. Als ich es nach dem nächsten Kreisel geschafft hatte, folgte eine längere, leicht ansteigende Gerade, auf der der Wind zur Abwechslung mal von hinten kam. Während andere sich von den Strapazen der Berge erholten, machte ich nun Druck und versuchte verlorenen Boden wieder etwas gut zu machen. Nach einigen Kilometern war die Strasse zwischen Teguise und Nazareth vom Belag her nochmal eine ziemliche Zumutung und bremste alle ziemlich aus. Doch selbst da konnte ich Plätze gut machen. Allmählich kamen wir in die Weinanbauregion La Geria. Es handelt sich um ein Naturschutzgebiet, in dem noch auf traditionelle Weise Wein auf meterdicker dunkler Vulkanasche angebaut wird. Umsäumt wird der Rebstock von einer kleinen Mauer, die ihn etwas vor dem Wind schützt und über die in den Nächten Tau gesammelt wird. Aufgrund der vielen Pflanzen wirkt dieser Teil der Insel vergleichsweise grün. Wir hatten bald die 160-Kilometer-Marke erreicht und es ging zügig Puerto del Carmen entgegen. Während den meisten anderen Athleten die Strapazen inzwischen deutlich anzusehen waren, fühlte ich mich wieder hellwach und radelte wie eine Maschine. Überholmanöver gestalteten sich meist so, dass ich nochmal das Tempo verschärfte, damit bloss niemand auf die Idee kam mir zu folgen. Kurz vor dem Ort gibt es nochmal eine kurvige, nicht ganz ungefährliche Abfahrt auf einem kleinen Strässchen. Als eher vorsichtiger Abfahrer drehte ich mich vor der Abfahrt nochmal kurz um, um zu sehen, ob jemand hinter mir war. Da war eine Gruppe von ca. 8 Fahrern doch nur 2 von ihnen schafften es zeitweise zu mir aufzuschliessen. Dann ging es schon in den Ort hinunter zur Promenade zur dritten Disziplin. Ich freute mich, dass ich dieses Monster an Radstrecke geschafft hatte und weil ich nun sicher war heute auch zu finishen – beim Laufen sollte nichts mehr passieren. Aber auch über diese fast unglaubliche Wiederauferstehung nach dem tiefen Loch in den Bergen freute ich mich ungeheuer – sowas hatte ich noch nicht erlebt. Eigentlich wäre ich jetzt gerne noch 20 Kilometer so weitergefahren.
Lanzarote ist nicht nur bekannt für seine Radstrecke, sondern auch für eine der längsten Wechselzonen im Ironman-Zirkus. Gefühlt hatte ich nach dem Radfahren schon 1-2 Kilometer gelaufen, als es endlich auf die eigentliche Laufstrecke ging.

Playa de Los Pocillos an Laufstrecke
Diese dritte Disziplin war für mich bei meinem letzten Start am enttäuschensten verlaufen, hatte ich doch ständig mit Seitenstechen, Übelkeit und der Hitze zu kämpfen. Von den letzten beiden blieb ich heuer verschont. Anstatt Hitze bliess uns aber immer noch ein strammer Wind aus Norden entgegen. Die Laufstrecke bestand aus 3 Runden – einer längeren und zwei gleich langen kürzeren – an der Promenade von Puerto del Carmen entlang. Wie überall auf der Insel so gab es auch hier leichte Wellen, richtig flach ist es eher selten. Ich schlug zu Beginn ein kontrolliert zügiges Tempo an. Wo es ging, versuchte ich mich vor dem steifen Gegenwind zu verstecken, doch fand ich keinen, der mein Tempo lief. Durch das Springen zwischen den einzelnen Gruppen war mein Lauf eher unruhig. Die Stimmung an der Strecke war gut - überall Klatschen, Anfeuerung und anerkennendes Nicken für uns Athleten. Meine Energie von der Radstrecke konnte ich derweil nicht wirklich in diese Disziplin rüberretten. Zwar war ich mit einem Schnitt von um die 5 Minuten/km nicht gerade langsam, allerdings hätte es etwas schneller doch schon sein sollen. Jedoch tat jede Tempoverschärfung im Wind weh und führte zu den schon von damals wohl bekannten Seitenstechen. Meine Erfahrung sagte mir, dass die Ursache von Seitenstechen oft eine Unterversorgung ist, deshalb nahm ich mir bei der nächsten Verpflegung gleich ein Gel. Die Seitenstechen verschwanden schnell wieder, allerdings sollte sich das gleiche Spiel noch einige Male wiederholen. Wenigstens konnte ich fast durchgehend laufen und konnte mir demütigende Gehpausen verkneifen. Wenn es mit dem Wind und einem kleinen Anstieg mal anstrengender wurde und andere gingen, wechselte ich in den Ultraschlappschritt und trabte hinauf. Unterwegs kam mir Kristin Möller entgegen. Sie lief mit leichten Schritten einem klaren Sieg im Damenrennen entgegen. Die Kilometermarkierungen an der Laufstrecke waren irgendwie seltsam gesetzt – die Matten ebenfalls. So ganz erschloss sich mir das System nicht, deshalb verliess ich mich mehr auf die Kilometeranzeige meiner Uhr. Als ich meine Halbmarathonzeit hochrechnete, lag ich gut unter 4 Stunden Laufzeit – klar auf Bestzeitenkurs für den Ironman Lanzarote. Meine Laufbestzeit vom Ironman Klagenfurt erschien mir in der heutigen Verfassung aber eher unwahrscheinlich. Mit dem weiter auffrischenden Nordwind in Runde 2 sollte sich das bestätigen und ich hatte Mühe das Tempo halbwegs zu halten. Als es dann in Runde 3 ging, begann ich wieder zu rechnen. Sollte ich noch weiter Zeit verlieren, würde die 3 vorne wackeln. Jetzt schon zu beschleunigen wäre gefährlich zumal ich immer noch mit leichten Seitenstechen zu kämpfen hatte. Bis zum Wendepunkt wollte ich noch warten – der Rückweg würde noch lange genug. Währenddessen kamen immer noch Radfahrer zum Ende ihrer zweiten Disziplin in die Stadt. Wie lange sie heute wohl noch unterwegs sein würden? Und viele sahen aus wie Topathleten, denen man ganz andere Zeiten zugetraut hätte .. . Doch ich kleiner, leidender Hobbysportler hatte es bald geschafft, während sie noch einen kompletten Marathon zu laufen hatten – ein wenig Freude kam auf – positive Gedanken sind zu dieser Zeit immer gut. Dann kam der Wendepunkt – das würde mit der Sub 4 Stunden eng werden! Jetzt gab es kein Halten mehr. Mein Schritt wurde länger – der Schnitt ging nun an die 4:30 Min/km – Tendenz immer schneller werdend. Noch einmal der Anstieg am Hotel Las Costas – danach noch einmal die Welle am Pavillion – dann der Buckel am Irish Pub – von hier ging es nur noch runter. Da war der grüne Zielbogen mit der grossen Leinwand – noch 200 Meter. Eine britische Athletin schaffte es vor mir gerade noch rechtzeitig vom Kanal zurück auf die Strecke rüber in den Zielkanal zu springen, der Sprecher bekam das mit und kommentierte ihre Aktion. Mit Riesenschritten lief ich derweil auf sie auf. 10 Meter vor dem Ziel waren wir gleichauf, überholen wollte ich sie nicht mehr. Auch das bliebt nicht unkommentiert: ich hörte irgendetwas wie „there's a gentleman at the finishline to defer to her“. Wir liefen gemeinsam durch den grünen Zielbogen und gaben uns die Hände. Hinter dem Bogen wartete schon Kenneth Gasque auf uns, der Racedirector und Gründer des Ironman Lanzarote, auch er schüttelte uns nochmal die Hände und gratulierte zu unserer Leistung. Erst bei dem Blick zurück auf den Zielbogen sah ich meine Gesamtzeit: trotz des Einbruchs auf dem Rad konnte ich mich im Vergleich zu meinem letzten Start hier nochmal über 20 Minuten verbessern – in Anbetracht der ungewöhnlichen Vorbereitung und des Chaos mit der Verpflegung konnte ich mit dem Ergebnis zufrieden sein.

Dämmerung an der Playa
Der Ironman Lanzarote war auf jeden Fall wieder eine Reise wert. Sicher ist nicht alles so perfekt organisiert wie vielleicht in Frankfurt oder Roth. Alle Helfer sind hier aber engagiert mit Herz dabei, die Anfeuerung ist gut und alle 3 Teilstrecken – besonders natürlich diese aussergewöhnliche Radstrecke – gehören zum Besten was man in Europa, vielleicht auf der Welt, finden kann. Für mich war es ein tolles erstes Highlight in der Saison – eine schöne Belohnung für das harte Training in diesem viel zu langen Winter.

16. Mai 2013

Bereit für den grossen Tag



Die Startunterlagen sind abgeholt, die Wettkampfbesprechung ist auch gelaufen und an meinem Arm befindet sich jetzt das eindeutige Kennzeichen, dass ich einer der Athleten bin, die am "härtesten Ironman in der Welt" teilnehmen werden: das nicht abnehmbare Teilnehmerarmband. Die Spannung steigt so langsam. Ich freue mich auf das Rennen, doch Wind und Wellen an den letzten beiden Tagen waren nicht ohne und fordern einiges an Respekt nicht nur für die Strecken, sondern auch für die Naturgewalten. Doch kann man irgendwo der Natur näher sein als auf einer Vulkaninsel draussen im Atlantischen Ozean? Wo rohe Naturgewalten diese mitunter karge Landschaft geformt haben und an der ein oder anderen Stelle noch heute aktive Zeichen der schlafenden Feuerberge zu beobachten sind.
Die Wetterberichte sind sich für das Wochenende noch uneins. Hoffen wir auf wenig Wellengang und milde Winde. Von mir aus kann es auch gerne etwas kühler sein und Sonne brauche ich nach den ersten Verbrennungen diese Woche auch nicht. Doch zumindest diesbzgl. kann man hier nahe der afrikanischen Küste fast sicher sein, dass diese früher oder später am Tage auf uns hinunter scheinen wird, ich habe sicherheitshalber schon mal Lichtschutzfaktor 50+ eingepackt - wasserfest natürlich. Der grosse Tag kann kommen.

15. Mai 2013

Rückkehr auf die lnsel der Feuerberge

2010 habe ich am Ironman Lanzarote teilgenommen und ihn gefinisht. Der Wettkampf gilt als "the toughest Ironman race in the world". Ich war glücklich es geschafft zu haben. Doch mit meinem Rennverlauf und dem Ergebnis war ich nicht ganz zufrieden, einiges war nicht gut gelaufen - wäre mitunter vermeidbar gewesen. So hatte ich mich gefühlt unter Wert verkauft; für die Opfer, die ich vor dem Rennen gebracht hatte, war das dann doch auch etwas enttäuschend.
2013 - 3 Jahre sind seither vergangen. Die Fehler von damals glaube ich erkannt zu haben. Inzwischen betreibe ich Triathlon zwar nur noch nebenher, doch die Erinnerung an dieses tolle Rennen ist noch frisch. Und der Wille es noch einmal zu probieren und besser zumachen - nicht die gleichen Fehler wieder. Was nicht heisst, dass ich schneller sein würde, denn dafür ist ein Ironman zu unberechenbar, zu lang und hart. Die Gesundheit muss mitspielen, die Vorbereitung passen und auch das Wetter hier. Doch ich will ankommen und sagen können "ja, das war heute ein gutes Rennen". So bin ich nun zurück auf der Insel entschlossen es nochmal zu versuchen. Heute morgen gab es schon die erste Schwimmeinheit begleitet von bunten Fischschwärmen auf dem Ironman-Kurs. Jetzt geht's gleich auf dem Rad hinaus in die heissen Lavafelder.
Lanzarote - ich bin wieder da!