29. September 2011

Grenzen überschreiten - 100 Meilen durch das Land

So langsam kann ich es fassen - selbst glauben - was ich da geschafft habe. Bin ich verrückt, weil ich immer extremere Sachen mache? Vielleicht, aber hoffentlich positiv verrückt. Und vorallem macht es Spass!
Kurzer Rückblick. Seit nunmehr 10 Jahren mache ich Ironman-Wettkämpfe als mein jährliches Saisonhighlight. Doch zuletzt habe ich leichte Abnutzungserscheinungen mentaler Art gemerkt. Zwar finde ich Triathlon immer noch eine der spannensten Sportarten, die es gibt, doch war zuletzt etwas die Luft raus - die Spannung etwas weg. Inzwischen habe ich fast alle Wettkämpfe gemacht, die ich mal machen wollte, so war es an der Zeit sich neue Ziele zu setzen und wieder neue Motivation zu finden. Für 2011 bedeutete das weniger Triathlon und mehr anderer Sport. Die Wahl fiel hierbei besonders auf Ultramarathons, Landschaftsläufe und Trailrunning - wortwörtlich naheliegend seit meinem Umzug zu Beginn des Jahres, da ich jetzt fast am Waldrand und Berg wohne. Nach dem 50er in Rodgau im Januar folgte im Mai meine erste Teilnahme am Rennsteiglauf in Thüringen - mit 72,7 Kilometern mein bis dahin längster Lauf. Doch damals war mir schon klar, dass das für dieses Jahr noch nicht das Ende der Fahnenstange war. Ich hatte mir ein klares Ziel gesetzt und das hiess mehr solch schöne Landschaftläufe zu machen und die Qualifikation für den Ultratrail du Mont Blanc zu schaffen. Und dafür fehlten mir noch einige Qualifikationspunkte. Im August kehrte ich nach Sonthofen zum Allgäu Panorama Ultratrail zurück, finishte bei hochsommerlichen Temperaturen und kassierte meine nächsten Punkte. Anfang September startete ich dann beim L'Infernal Trail des Vosges über 150 km. Verletzungsbedingt musst ich bekanntlich bei der Hälfte der Strecke aussteigen. Das hatten meinen Hoffnung auf eine baldige Qualifikation einen kräftigen Dämpfer gegeben - die letzten Qualifikationswettkämpfe für dieses Jahr waren alle entweder weit weg oder schon voll. So auch der KuSuH 100, bei dem ich zumindest noch an Position 5 der Warteliste stand.  Ich erholte mich erstmal von dem anstrengenden Lauf und kurierte meine Verletzung wieder aus. Dann geschah womit ich kaum noch gerechnet hatte und ich rutsche keine 48 Stunden vor dem Start des KuSuH doch noch in das Startfeld. Ich musste nicht lange überlegen, um sagte sofort zu. Ohne gezielte Vorbereitung ein 100-Meilen-Lauf quasi aus dem Training heraus - das war selbst für mich ungewöhnlich.
Zum Lauf werde ich jetzt noch nicht viel erzählen, das folgt später einmal. Aber wichtig ist: ICH HABE ES GESCHAFFT!!!!! 100 amerikanische Meilen - 160 Kilometer mit über 3.100 Höhenmetern durch die Region Kraichgau, Stromberg und Heuchelberg. So viel bin ich noch nie gelaufen: die ca. 78 Kilometer in den Vogesen waren bisher die weiteste Strecke, der Lauf in Thüringen der bisher längste, den ich gefinisht habe. Jetzt mehr als das Doppelte .. und es fiel mir einfacher als ich dachte. Natürlich war ich im Ziel ziemlich geschafft und wollte auch vom Mont Blanc-Lauf erstmal nicht mehr wissen. Doch jetzt ein paar Tage später sieht das alles schon wieder ganz anders aus. Ich habe bei dem Lauf gefunden, was ich lange gesucht habe. Dieser Lauf war genau das, was ich machen wollte: Spass, gute Laune und ein kleines Abenteuer mit Freunden (die ich erst beim Lauf kennengelernt habe). Das alles in herrlicher Natur auf anspruchsvoller, abwechslungsreicher Strecke. Ich habe meine persönliche Grenze wieder etwas weiter verschoben und bin begeistert, was alles möglich ist, wenn man es nur wirklich will. Danach kann man süchtig werden. Meine Qualifikationspunkte habe ich jetzt zusammen, ich kann mich nun also beruhigt zurücklehnen, mich erholen und mir Gedanken über die nächste Saison machen. Und mich freuen über das was ich da am letzten Wochenende geschafft habe - einfach unglaublich!

11. September 2011

Traillauf in den Vogesen (mit Update)

Morgengrauen in den Vogesen
Bertold Brecht hat mal gesagt "Wer kämpft, der kann verlieren. Wer nicht kämpft, der hat schon verloren". Lange habe ich mit mir gerungen, ob ich die 159 Kilometer lange Strecke des L'Infernal in den Vogesen machen sollte. Nicht die Distanz machte mir Sorgen, sondern die Höhenmeter. Irgendwann musste ich dann an das besagte Motto denken und wagte dann die Anmeldung. Um das Ergebnis gleich vorweg zu nehmen: ich konnte den Lauf nicht beenden. Habe ich deshalb verloren? Ja, wenn man es vom Resultat her betrachtet schon. Aber ich bin um einige Erfahrungen reicher, habe einen tollen Lauf kennengelernt und eine schöne Landschaft gesehen. So weh mir das Ausscheiden - das erste bei einem Lauf überhaupt - tut, so hätte ich etwas verpasst, wenn ich nicht gestartet wäre. So ärgert mich fast noch mehr, dass ich nicht auch den Rest der Strecke kennengelernt habe.

Kurz vor dem Start lernte ich Gerhard kennen. Er war neben mir anscheinend der einzige Deutsche, der sich zu diesem Lauf gewagt hatte. Wie ich aus unserem Gespräch erfuhr, verfügte er schon über reichlich Ultratrailerfahrung. Auf meine vorsichtigen Aussagen bzgl. meines zu erwartenden Ergebnisses, machte er mir Mut. Ein Satz sollte mir allerdings schneller wieder in Erinnerung kommen als ich dachte: "Du wirst irgendwann während des Lauf einen toten Punkt erreichen - den hat aber jeder mal und da musst Du drüber hinaus laufen". 

Der Start erfolgte dann um 0 Uhr. Zum Start gab es noch ein kleines Feuerwerk und ein brennender Schriftzug mit dem Namen des Laufs wurde am Hügel entzündet. Dann ging es los. In einer kleinen Schleife rannten wir durch den Ort zum Rathaus. Den Publikum nach war der ganze Ort auf den Beinen, um uns anzufeuern. Dann ging es den ersten Berg hinauf und in den Wald. Für mich eine neue Erfahrung, hatte ich doch nie zuvor einen Lauf in der Nacht gemacht. Das eher zweidimensionale Licht war sehr gewöhnungsbedürftig, doch man gewöhnte sich daran. Erschwerend kam in den tieferen Regionen Nebel dazu, der die Sicht nicht gerade verbesserte. Ich versuchte immer in einer Gruppe zu laufen, so war der Weg dann immer gut ausgeleuchtet und besser zu laufen. Hie und da kamen wir an ein paar Hotspots vorbei, an denen uns Leute anfeuerten - mitten in der tiefsten Nacht! Die Strecke verlief zu 90% im Wald. Ausser uns Läufern war kaum etwas zu hören: ein paar Mal rief ein Kauz in die Nacht und paar Fledermäuse flatterten um uns herum. Nachdem es moderat mit Wegen begonnen hatte wie ich sie auch von zuhause kannte, zogen einige Rampen das Feld gehörig auseinander. Mitunter führte die gut markierte Strecke über Hänge, die ich nie und nimmer als Weg erkannt hätte, wenn sie nicht mit Pfeilen und Flatterbänder gewesen wären. Mehr als einmal musste ich auf allen Vieren den Hang hinaufklettern. Kilometermarkierungen gab es unterwegs keine - nur eines war sicher - der Weg ist auf jeden Fall noch weit. Kurz nach 3 Uhr - ich weiss nicht der wievielte Anstieg das war - kam er dann der Punkt, den Gerhard beschrieben hatte. Der Hang wollte nicht enden. Habe ich mich jemals über den harten Anstieg beim Lauf im Allgäu zum Sonnenkopf beschwert? Das mache ich nie mehr, denn das hier war nochmal ein ganz anderes Kaliber. Ich war entkräftet und fühlte mich leer. Die Punkt kam viel zu früh! Hatte ich mir zu viel zugemutet? Das konnte es doch eigentlich noch nicht gewesen sein. Die zurückgelegten Kilometer waren noch ein Witz. Irgendwas musste ich tun. Vor dem Lauf hatte ich mich nochmal zu einem vollwertigen Trailläufer ausgestattet. Ein Laufrucksack mit etwas mehr Stauraum als bei meinem alten. Und, das sollte in diesem Moment meine Rettung sein, mit zwei Stöcken. Diese hatte ich bis zu diesem Moment auf meinem Rucksack getragen. Nun war mir aber alles egal. Ich holte sie vom Rucksack, stütze mich kurz auf ihnen auf während ich etwas ass und trank, dann setze ich die Kletterpartie fort. Vielleicht konnten mir die Stöcke ja helfen diesen Hang hoch zu kommen und dabei etwas Kraft zu sparen. Das Gute ist, jeder Berg hat ein Ende und so kam auch ich irgendwann oben an. Und wenn meine Vermutung richtig war, war ich auch immer noch ganz gut im Feld platziert. Ich wusste zwar nicht wie ich diese Strecke schaffen sollte, wenn es so weitergehen würde, doch das hier sollte noch nicht das Ende sein. Die nächste Verpflegung nutzte ich ausgiebig und die Ruhe tat mir gut. Danach lief es bei mir wieder besser. Zwar schmerzten meine Fußsohlen und hie und da meldeten sich auch meine Beine, doch das konnte ich erfolgreich ignorieren; wie zu erwarten waren die Schmerzen in den Beinen immer nach kurzer Zeit wieder verschwunden.
Frühnebel in den Tälern
So langsam konnte ich diesen Lauf auch wieder geniessen. Die Stöcke halfen mir deutlich mit der Strecke sowohl bergauf wie auch bergab besser zurecht zu kommen; ich hatte das insgesamt kraftsparender unterwegs zu sein. Unterdessen hatte ich den Eindruck, dass sich der Nebel in die Täler zurück zog. So hatten wir oben auf den Bergen, eine wesentlich bessere Sicht auf den Weg und nach oben einen tollen Ausblick auf das Firmament. Mir erschien das Funkeln der Sterne heute heller als sonst - unzählige kleine und grosseheiss. Kurz kamen Erinnerungen an den Lauf im Allgäu hoch. Ich tat was ich bei solchen Wettkämpfen immer tat: ich achtete auf eine ausreichende Versorgung, trank regelmässig und versuchte so gut es ging im Schatten zu laufen.
Zeugnis der Vergangenheit
Dann kam irgendwann ein Abstieg, der es in sich hatte - es müsste am Moyement gewesen sein. Es ging direkt einen steilen Abhang hinunter. Wieder einer dieser Wege, die ich schon als Wanderer ungern nehmen würde. Dieser Abschnitt muss meinen sowieso schon geschundenen Sehnen und Bändern dann den Rest gegeben haben, denn danach hatte ich besonders bei den weiteren Bergabpassagen Schwierigkeiten bei leichter Kippbewegung des rechten Fusses - ein falsche Bewegung und ein Höllenschmerz durchfuhr mich. An rennen war nicht mehr zu denken. Bisher hatte ich alle Schmerzen erfolgreich ignoriert, doch dieses Mal war das Zeichen des Körpers nicht mehr zu überhören. Auf dem Piquante Pierre erfuhr ich, dass ich immer noch ganz ordentlich platziert war, doch als ich hinunter nicht mehr richtig laufen konnte, war meine Entscheidung klar - dies würde der erste Lauf meines Lebens sein, den ich nicht beenden würde. Auf dem Abstieg überholte ich sogar noch gehend einen anderen Läufer, der offensichtlich auch grosse Schwierigkeiten hatte - es war ziemlich eindeutig, dass auch eher an der nächsten Station aufgeben würde. An der Station angekommen traf ich auf einen weiteren Abbrecher und es sollten an dieser Station auch noch mehr folgen. Nach einiger Zeit kam ein Arzt und untersuchte meinen Fuss. Die Diagnose war so wie ich es verstand gar nicht schlecht: es wäre nichts schlimmes, meine Bänder wären noch in Ordnung und ich könne versuchen weiter zu laufen, er würde mir allerdings dazu abraten. Die Schmerzen beim Auftreten waren akut und nochmal ca. 80 bis 90 Kilometer mit so einem Schmerz weiterzumachen hätte für mich nichts mehr mit Spass und Sport zu tun gehabt. Wenn die Gesamtstrecke zwischen 90 und 100 Kilometern gewesen wäre, wäre ich vermutlich trotz Schmerzen weiter und hätte den Lauf gehend beendet. Aber diese Distanz war mit den Schmerzen dann doch zu viel und wer weiss, was ich mir dadurch alles kaputt gemacht hätte.

Meine Entscheidung bereue ich auch einen Tag danach nicht. Dem Fuss geht es inzwischen wieder besser, er war gestern vermutlich einfach überreizt. Meinen deutschen Mitstreiter traf ich übrigens an der Verpflegung, an der ich ausstieg, wieder. Er bestätigte mich darin, dass der Anteil schwieriger Trails hier aussergewöhnlich hoch wäre. Und dass das nur etwas Leute mit Sehnen und Bändern wäre, die solche Wege schon eher gewöhnt wären. Meine Sehnen waren das zumindest nicht und im Odenwald kenne ich auch keine vergleichbaren Wege, um das mal zu trainieren. In Zukunft werde ich solche Wettkämpfe ohne adäquate Vorbereitung also lieber meiden. Und last but not least: ich habe ungefähr 75 Kilometer dieses harten, kräftezehrenden Laufes geschafft! Dafür habe ich zwar keine Urkunde oder Medaille bekommen, aber hey .. das war eine starke Leistung auf die ich auch ein kleines bisschen stolz sein kann.

Update: inzwischen hat auch Gerhard seinen Bericht vom Lauf online gestellt. Im Gegensatz zu mir hat er es mit seiner Lauferfahrung und ohne Verletzung ins Ziel geschafft und auch noch eine gute Platzierung erreicht. Jeden seiner Eindrücke vom Lauf kann ich absolut bestätigen.

1. September 2011

Vor dem TAR 2011

Am Wochenende geht es wieder los .. und wieder kann ich nicht dabei sein.



Leider habe ich wieder keinen Laufpartner bzw. keine Laufpartnerin für den Transalpine-Run gefunden, der/ die sich mit mir auf das Abenteuer Alpencross per Pedes einlassen möchte. Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr. Überlegt's Euch!!!

Ich drücke auf jeden Fall allen diesjährigen Teilnehmern - egal ob ich sie kenne oder nicht - die Daumen und wünsche einen guten Lauf!

Wer den Lauf von zuhause verfolgen will, kann dies über die den YouTube-Kanal des Transalpine-Run und vermutlich auch bei Salomon machen.