31. Dezember 2011

Jahresrückblick 2011

Das Jahr neigt sich seinem Ende zu, deshalb auch hier ein kurzer Blick zurück auf die vergangenen 12 Monate. Was hat sich bei mir sportlich getan?

Sportlich gesehen gab es eine Umorientierung wie sie in diesem Ausmass gar nicht vorgesehen war. Mein oberstes Ziel für 2011 lautete die Qualifikation für den Ultratrail du Mont-Blanc zu schaffen. Triathlon wollte ich im Sinne eines körperlich ausgeglichenen Trainings weiterhin machen und dafür auch trainieren. Dass es 2011 dann doch nur 3 Triathlons geworden sind, war so nicht vorgesehen. Den Vierten schon früh geplanten Triathlon (Forst) musste ich aufgrund meiner einzigen ernsteren Verletzung des Jahres im Mai absagen - meine Achillessehne machte mir Probleme. Zum Glück besserte sich die Situation dann zum Sommer hin, so dass ich zumindest bei den folgenden Triathlons in Maxdorf und Klagenfurt starten konnte. Während ich mit meinem Wettkampf in Maxdorf nicht so ganz zufrieden war, gelang mir in Klagenfurt ein neuer persönlicher Rekord über die Ironman-Distanz. Allerdings zugegebenermassen nach einem eher mässigen Schwimmen und einer ebenfalls nur durchwachsenen zweiten Disziplin primär durch eine letztendlich erfolgreiche Alles-oder-nichts-Strategie beim abschliessenden Marathonlauf. Vielleicht war das Ergebnis auch nur ein Spiegelbild des Trainings, das zu dieser Zeit einen immer stärkeren Lauffokus bekommen hatte. Mit dem 50-km-Lauf in Rodgau und dem 72-km-Rennsteiglauf in Thüringen hatte ich immerhin schon 2 Ultraläufe in den Beinen. Nach dem Ironman setzte ich läuferisch wenige Wochen aus und fuhr zur Abwechslung mal nur Rad. Der Maratona dles Dolomites war dabei eine willkommene Abwechslung, hatte die Veranstaltung für mich doch primär Urlaubscharakter, als dass es ein ernst genommenes Rennen gewesen wäre. Dann folgte der MTB-Alpencross - wettermässig sehr feucht war ich danach wenigstens wieder fit und motiviert für den Laufherbst 2011. Erstes Highlight war der Allgäu Panorama Ultratrail in Sonthofen. Hatte ich mir für dieses Rennen doch viel vorgenommen, so kam es wiedermal ganz anders. Mit Temperaturen weit jenseits der 30 Grad wurde es eine reine Hitzeschlacht und so ging es irgendwann auch für mich nur noch darum anzukommen. Mit meinem Zieleinlauf hatte ich die ersten 2 der für den Mont-Blanc notwendigen 5 Qualifikationspunkte zusammen. Es fehlte noch ein 3 oder 4 Punkte-Lauf. Bis dato hatte ich mich für keinen weiteren Lauf angemeldet, weil ich mich erstmal ausreichend von dem Lauf in Sonthofen erholen wollte. Das ging zwar schneller als erwartet doch war mein Wunschlauf, der KuSuH bei Bretten, inzwischen ausgebucht. Trotzdem liess ich mich mit wenig Hoffnung auf Erfolg auf die Warteliste ssetzen. Mitte September reiste ich anstattdessen zur Teilnahme am L'Infernal Traillauf in die Vogesen. Wieder wurde ich überrascht waren Strecke und Profil doch wesentlich heftiger als ich es mir vorgestellt hatte. Meine Sehnen und Bänder waren darauf nicht vorbereitet und so musste ich nach ca. 75 Kilometern zum ersten Mal überhaupt einen Lauf verletzungsbedingt abbrechen. Die Entscheidung bereue ich bis heute nicht - wenn man so extreme Läufe macht, dann sollte man auch wissen, wann eine Grenze erreicht ist und das war hier der Fall. Ich hatte aber Glück und rutschte doch noch kurz darauf in die Teilnehmerliste des KuSuH. Den Lauf konnte ich bekanntlich erfolgreich ins Ziel bringen. Im Ziel blieb diese überschwängliche Freude, die ich schon bei anderen Läufen empfunden hatte erstmal aus - vermutlich war ich einfach zu müde oder fertig. Aber rückblickend betrachtet war der Lauf sicher einer der Meilensteine meines bisherigen sportlichen Lebens und ich kann nicht verhehlen, dass ich schon ein bisschen stolz darauf bin hier dem inneren Schweinehund mal so richtig kräftig eines übergezogen zu haben. Das war mir persönlich allemal mehr wert als noch einen weiteren Ironman ins Ziel zu bringen, so wie ich es im letzten Jahr gemacht hatte. Ausserdem habe ich jetzt die Qualifikation für den Mont-Blanc in der Tasche. Inzwischen ist übrigens in der Mitgliederzeitschrift der Deutschen Ultramarathon Vereinigung "ULTRAMARATHON" mein ausführlicher Bericht zum KuSuH erschienen - mein erster Bericht in einer öffentlichen Publikation. Aus diesem Grunde habe ich auch an dieser Stelle bisher nicht viel zum Lauf erzählt, um nicht die Spannung für die Leser der UM vorweg zu nehmen. Als Saisonabschluss ging es dann nochmal ins beschauliche Luxembourg zum Uewersauer zu meinem genau genommen 6 Ultramarathon des Jahres (den Lauf in Frankreich dazu gezählt, denn ich bin ja trotz Ausstieg weit über die Marathonmarke hinaus gelaufen).

Was gab es noch? Ein paar Volksläufe wie den zu dieser Zeit überraschend schnellen Halbmarathon in Kandel oder den 10-Kilometerlauf in Wiesloch, die verregnete RTF in Forst oder den Triathlon in Mussbach, die ich allesamt als Aufbau- oder Spasswettkämpfe machte. Ausserdem noch schöne Sporturlaube auf Mallorca (Rennrad) und Gran Canaria (Mountainbike). Nicht zuletzt noch ein erster Versuch als Streakrunner. Von Anfang März habe ich bis zum Ironman Klagenfurt einen 120-Tage-Streak absolviert, also 120 Tage ohne Unterbrechung. Das Streaken hat mein Sportleben auf jeden Fall berreichert und auch an meinem Trainingsaufbau etwas geändert. Ich habe gelernt, dass kürzere Einheiten ebenfalls Sinn machen können und man nicht immer 30 Minuten plus rennen muss, um einen Effekt zu erzielen. Bleiben zum Abschluss noch ein paar Zahlenwerte. Meine Gesamtschwimmstrecke für 2011 waren 176.700 Meter, mit dem Rad waren es diesmal nur 5.132 Kilometer. Auffällig hierbei war allerdings, dass der Mountainbike-Anteil im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich grösser geworden ist - auch das kann neben den vielen Laufeinheiten ein Grund sein, warum meine Gesamtkilometer in dieser Disziplin im Vergleich zu den Vorjahren abgenommen haben, da man mit dem Rennrad einfach viel mehr Kilometer zusammen bekommt. Abschliessend bleiben noch meine Jahreslaufkilometer: ziemlich genau 2.585. Ich habe nicht nachgesehen, aber ich gehe mal stark davon aus, dass das ein neuer persönlicher Rekord sein dürfte. Ich bin mal gespannt, ob ich diese Zahl nochmal toppen kann; das ist zwar kein Ziel von mir, aber interessant wäre es schon. Letztendlich sind das aber alles nur Zahlen und sie spielen keine Rolle - was zählt sind all die tollen Erlebnisse, die wir mal einsam in der Natur, mal gemeinsam in einer Gruppe oder Mannschaft beim Sport haben und davon hatte ich einige. Was zählt, ist den Augenblick, der uns gegeben ist, ihn zu erleben und Spass am Abenteuer das sich "Leben" nennt zu haben. Für mich gehört es gelegentlich auch mal dazu an meine Grenzen zu gehen, an Grenzen, die ich selbst vor nicht allzu so langer Zeit für kaum erreichbar gehalten habe und manch einer bisweilen nicht mehr nachvollziehen kann. Umso schöner ist es dann, wenn man sieht, wozu man doch fähig ist und dass diese Grenzen primär in unseren Köpfen existieren, wir aber fähig sind diese zu überwinden und in neue uns bisher unbekannte Dimensionen vorzustossen.

Ein Sportjahr also mit Höhen wie auch Tiefen. Ich wünsche allen Lesern auch im kommenden Jahr viel Spass sowie tolle Erlebnisse beim Sport, und dass Ihr gesund und verletzungsfrei bleibt!

26. Dezember 2011

Go Wild or Go Home

Zum Abschluss eines sehr sportlichen Juli 2011 ging es wiedermal mit dem MTB über die Alpen. Diesmal fast direkt wie beim "Flug der Schwalben". Der Experte weiss bei diesen Worten schon, um welche Route es sich handelt: um die 1989 von Andi Heckmair im Magazin "BIKE" vorgestellte Tour von Oberstdorf nach Riva am Gardasee. Im Laufe der Tour sollten wir etwas von der ursprünglichen Route teils mehr teils nur kurz abweichen. So oder so sollte man diese Strecke auf jeden Fall nur mit ausreichend Kondition und fahrtechnischer Erfahrung angehen, ansonsten wird das mit dem Rad sehr hart. Alternativ könnte man die Strecke nach Aussage des "Entdeckers" übrigens auch wandern oder im Winter als Skitour durchführen. Für mich war es der nunmehr fünfte Alpencross mit dem MTB und der erste mit meinem neuen Specialized Stumpjumper FSR Elite. Wegen des Ironman Kärnten und des Rennradmarathons im Juli kam ich leider nicht so häufig dazu mit dem neuen Bike zu fahren. Kurzfristig bekam ich wenige Tage vor der Tour dann noch Probleme mit der Klemmer der Sattelstütze. Ein Austausch der Klemme half. Leider rutschte mir in der ersten Tagen der Tour die Sattelstütze dann doch noch einige Male leicht in das Sattelrohr rein, was nicht nur nervig war, sondern wegen der suboptimalen Sattelpositionen auch für meine Knie und Beine mitunter schmerzhaft. Dank der Fertigkeit unseres Guides und mit dem richtigen Schmiermittel konnten wir das Problem beheben. Folge der falschen Sattelposition in den ersten Tagen waren allerdings neben den Schmerzen in Knien und Beinen auch heftige Rückenschmerzen, die erst mit der Zeit nachliessen. Ansonsten verrichtete mein neues Rad seine Dienste mehr als vorbildlich, brachte mir im Vergleich zu den Vorjahren mit seinem Vorgänger ein gestiegenes Mass an Sicherheit in etwas schwierigeren Singletrails und somit auch mehr Fahrspass. Der Wechsel von einem klassischen 3-fach Kettenblatt vorne zu einem 2-fach, der mit dem Bikekauf verbunden war, brachte keine grossen Nachteile. Ich komme - soweit ich es möchte - immer noch jede Rampe hoch. Lediglich auf sehr schnellen Asphalt-Abfahrten tritt man irgendwann ins Leere, wenn man noch mehr beschleunigen möchte - das gleiche Phänomen also wie bei einer Kompaktkurbel am Rennrad. Mich stört es jedenfalls nicht, ich muss auf meinen Touren ja keine Rennen fahren.

1. Etappe: Oberstdorf - Dalaas/ Wald

Den Schrofenpass hinauf
Der erste Tag zeigte wettermässig wie es die nächsten Tage weitergehen sollte: es war grau, recht frisch und nach den ersten Kilometern im Rappenalptal erwartete uns dann noch ein eichter Nieselregen. Zum Glück blieb die Sicht einigemassen, so dass wir selbst beim spektakulären, aber nicht ganz ungefährlichen Pfad hoch zum Schrofenpass jederzeit eine gute Sicht auf den Weg und auch eine gute Aussicht ins Tal hatten. Der Regen liess irgendwann wieder nach, aber auf den Abfahrten war wegen der glitschigen Wege und Steine eine zusätzliche Portion Vorsicht gefordert. Der erste Teil der Heckmair-Route entspricht dem Start der ebenfalls recht bekannten "Joe-Route" von Achim Zahn ("Serac Joe"), die ich bei meinem zweiten Alpencross gefahren war. Die Wege waren mir recht bekannt und ich konnte mich deshalb auf den schwierigeren Streckenabschnitte voll auf den Weg konzentrieren und war nicht zu sehr durch das tolle Alpenpanorama abgelenkt. Ein weiteres Streckenhighlight während des ersten Tages war für mich die Fahrt durch das Formarintal mit seinem gleichnamigen Bergsee auf einer Höhe von 1.793m. Beim wettermässigen Grau, das heute herrschte, erstrahlte der See nicht ganz so blau wie bei meinem letzten Besuch. Die Abfahrt hinter dem See über das Raue Joch ist dann wieder etwas tricky. Teils konnte man ganz gut fahren, bei anderen Abschnitte zog ich lieber vor zu schieben. Letztendlich wollten wir ja alle heil in Riva ankommen. Unsere Herberge befand sich im Tal in Dalaas bzw. im etwas höher gelegenen Stadtteil Wald. Wie sich rausstellen sollte, war diese Herberge ein ziemlicher Reinfall - zumindest was das Essen anging. Es sollte zum Glück der Einzige solche Ausfall für diese Tour bleiben.

2. Etappe: Dalaas/ Wald - Klosters

Der Morgen begann ohne grosses Einrollen amtlich mit einem langen Anstieg auf den Kristbergsattel. Auch diesen Anstieg kannte ich noch, weshalb ich vorsichtig anfing, um mich langsam einzurollen. Im Hinterkopf behielt ich immer die komplette Tour bis Riva und ich wollte meine Körner nicht schon in den ersten Tagen aufbrauchen. Obwohl es so früh am Morgen noch recht kühl war, wurde mir bei den Steigungsprozenten schnell warm. Nachdem ich meine Jacke nach wenigen hundert Metern weggepackt hatte, eilte ich den anderen hinterher. Dabei fand ich einen guten Rhythmus, fuhr mich fast in sowas wie einen Rausch, überholte in kürzester Zeit die ganze Gruppe, die sich inzwischen etwas auseinander gezogen hatte, und kam schliesslich als Erster oben an. Wir waren zwar nicht bei einem Rennen, aber dieser gute Rhythmus und die Lockerheit wie ich hier hochgekurbelt war, hatten Spass gemacht! Hoffentlich würde die Form so bleiben. Oben auf dem Kristbergsattel trennen sich Joe- und Heckmair-Route, ab hier war die Strecke also neu für mich. Bevor es weiterging, gönnten wir uns allerdings erstmal noch ein zweites Frühstück - das morgens in der Herberge war wie schon erwähnt nicht der Rede wert, weshalb wir alle noch hungrig waren. Nach der Abfahrt ging es zumeist auf Asphaltstrassen über Gargellen wieder bergauf in Richtung des Schlappiner Joch. Der letzte Abschnitt bis zum Joch auf 2.202 Metern ist leider nicht mehr fahrbar, deshalb hiess es in der letzten Stunde schieben und auch mal auf den Schultern tragen. Oben lag noch ein wenig Schnee. Auf der Abfahrt wurden wir dann für die Strapazen mit der ersten längeren Sonnenphase unserer Tour belohnt. Idealerweise wartete unten in unserem Zielort Klosters ein schöner Biergarten auf uns, wo wir den Tag amtlich ausklingen lassen konnten; sozusagen zum "Après-Bike".

3. Etappe: Klosters - S'Chanf

Unterwegs zum Scalettapass
Für die dritte Etappe stand mit dem Scalettapass über 2.600 Meter nur ein Pass auf dem Programm. Nach den zwei anstrengenderen Tagen sowas wie ein Erholungstag und bei unserer bisherigen Geschwindigkeit war sie sicher in Kürze erledigt. Deshalb entschlossen wir uns morgens noch eine kleine Extrarunde einzubauen. Anstatt durch das Tal auf unspektakulären Wegen direkt nach Davos zu rollen, machten wir einen Umweg über den Berg. Die Luft war noch ähnlich klar wie am Vorabend, deshalb hatten wir eine tolle Aussicht auf die umliegende Graubündener Berglandschaft. Die Trails waren herrlich und gut fahrbar. Die kleine Schleife hat sich auf jeden Fall gelohnt auch wenn sie nicht von Heckmair vorgesehen war. Auf der Abfahrt ereilte uns allerdings der erste Defekt der Tour, der nicht so ohne weiteres behoben werden konnte. Zum Glück schaffte wir es noch mit dem defekten Bike nach Davos ins Tal. Dort machten wir dann einen ungeplanten Zwischenstopp mit Mittagessen bis das Rad unseres Mitfahrers beim Fachhändler repariert worden war. So begann die eigentliche Etappe erst gegen 1 Uhr mittags - so langsam war dann doch etwas Eile geboten. Den ersten Streckenabschnitt im Tal konnten wir ganz gut hinter uns bringen. Wie schon häufiger auf der Tour so begegneten uns unterwegs auch hier ein paar Trailläufer. Vermutlich trainierten sie für den Swiss-Alpine Marathon am Wochenende. Der Aufstieg zum Pass kostete uns dann Kraft - hier war nichts mehr mit fahren, zu steil war der Weg. Ausserdem war gerade ein kleiner Bagger am schaffen, um aus dem schönen, ausgewaschenen Naturpfad einen breiteren Weg zu machen. Von der Baustelle weiter oben rollten immer wieder Steine herunter, Vorsicht war also geboten. Doch irgendwann ist jeder Berg mal zuende. Der Pass war oben vergleichsweise flach und weitläufig. Der Wind pfiff uns um die Ohren und wir konnten dunkle Regenwolken beobachten - sie würden an uns ausnahmsweise mal vorbeiziehen. Nach der relativ schnellen Abfahrt wartete nochmal ein kleiner Gegenanstieg im Wald mit Wurzeln und Buschwerk - fast wie daheim. Der Ort S'Chanf war mir vorher kein Begriff, die Station lohnte aber zumindest was unsere Herberge anging allemal. Hier gab es auch im Gegensatz zur letzten Unterbringung ein anständiges abendliches Mahl für uns Alpencrosser.

4. Etappe: S'Chanf - St.Caterina

Der vierte Tag hatte es in sich. Mit dem Chaschauna Pass (2.690 m) wartete gleich zu Beginn das Dach der Tour auf uns. Nachmittags folgte dann noch der Passo Alpisella (2.268 m).
Zu Beginn ging es durch ein typisches Gebirgstal auf einer Waldautobahn stetig bergauf. Um so höher wir kamen, umso lichter wurde es. Neben unserem Weg stürzte der Hang steil in die Tiefe, unten am Talboden rauschte ein Bach zu Tal. Vor dem letzten Bauernhof stiegen die Steigungsprozente nochmal stark an - der Schweiss floss mir aus allen Poren. Am Hof angekommen waren wir ziemlich geschafft doch um uns türmten sich weitere Berge auf - der Passübergang war immer noch nicht in Sicht. Von nun an wurde es in dem Hochtal noch etwas einsamer - zum Glück auch wieder etwas flacher. Als wir am Ende des Tals angekommen waren, stand ein weiterer Aufstieg von nochmal 450 Höhenmetern per Pedes auf dem Programm. Nicht ohne Grund bezeichnet Andi Heckmair seine Route als eine "hochalpine Wanderung, die man auch mit dem Rad machen kann". Allerdings war der Weg nun teilweise so, dass selbst schieben nicht mehr möglich war und wir das Rad ein ums andere Mal schultern mussten. Im Vergleich zum letzten Jahr fiel mir das Schultern des Bikes deutlich einfacher, was sicher auch dem neuen Rad zuzuschreiben war. So war unser Aufstieg dieses Jahr weniger Tortur als damals sondern eher notwendiges Übel und ganz gemäss Heckmair eine Wanderung mit Rucksack und Rad als Gepäck. Die Aussicht oben war wieder genial und die Abfahrt entschädigte für die Strapazen zuvor. Die Auffahrt zum zweiten Pass war im Vergleich zum Morgen dann geradezu einfach, allerdings regnete es mal wieder was doch schwer an meiner Moral krazte. Die Laune sollte sich aber schnell wieder ändern, denn der Trail hinter dem Alpisellapass war für mich persönlich eines der Abfahrts-Highlights der ganzen Tour. Es folgte ein nicht ganz so spannender Teil auf einer fast 30 km langen, flachen Höhenschotterstrasse. Die Landschaft war schon toll doch so wolkenverhangen wollte nicht so richtig Laune aufkommen. An den Hängen konnte man Abschnitte anderer Transalp-Touren sehen, die ich in den letzten Jahren schon gefahren war. Der Regen hatte zwischendurch mal aufgehört doch am Ende des Tals kündigten sich schon die nächsten Schauer an. Wir beeilten uns, dass wir nach Bormio kamen. Die Tag hatte bis hierhin ganz schön Kraft gekostet, weswegen einige Teilnehmer vor dem letzten Anstieg nochmal ihre Vorräte auffüllen mussten. Dann ging es in Richtung unseres Tagesziels nach St.Caterina. In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit wichen wir vom Wanderweg auf die Strasse aus. Leider erwischte uns kurz hinter Bormio die nächste Regenwolke. Bis wir in St.Caterina angekommen waren, war jeder aus der Gruppe bis auf die Knochen nass.

5. Etappe: St.Caterina - Dimaro

Vorletzter Tag der Tour. Ohne Gnade ging es gleich auf der Fahrstrasse vom Hotel aus direkt auf den 2.621 Meter hohen Gaviapass. Ich kannte den Pass schon von der Joe-Route und teilte mir die Kräfte entsprechend gut ein. Leider war das Wetter am heutigen Tage einmal mehr eher durchwachsen, so konnten wir einige Berge hinter den Wolken und Nebelschwaden nur erahnen. Immerhin regnete es nicht so stark wie damals bei der Joe-Route. Ein Besuch des Refugio am Pass ist hier geradezu Pflicht für jeden Radler. So teilten wir uns den Gästeraum vor unserer Weiterfahrt mit 4-5 anderen Radgruppen, die ebenfalls diesen Pass heute auf dem Programm stehen hatten. An einer Trailabfahrt von Pass wird noch gebaut, deshalb blieb uns für die Abfahrt nur die Fahrstrasse. Mir machte es trotzdem Spass. Wir waren noch nicht ganz unten angekommen, da zweigte der Weg ab zum Val Di Viso ab. Die Heckmair-Route hatten wir inzwischen verlassen und waren nun wieder auf der Joe-Route. Vorteil dieser Route: die 4-stündige Schiebepassage am Passo di Campo blieb uns erspart. Am Ende des Tals erwartete uns Case di Viso, sowas wie eine Museumsbergdorf mit Steinbauten. Nochmal kurz verschnaufen, dann ging es bergauf. Pausen hatten wir bisher kaum gemacht, es rollte bei allen noch ganz gut und für den Mittag war neuer Regen angesagt. Die Wand, die wir hoch mussten, sah nicht nur steil aus - sie war es! Also nichts wie hinauf!
Trail am Lago di Pian Palu
Der Weg bergauf führt über Serpentinen und ist weitgehend gut fahrbar. Nur zwischendurch sind ein paar unangenehm steile Rampen, wo der ein oder andere dann vielleicht doch lieber absteigt und schiebt. Als ob das noch nicht genug wäre, fing es bei der Auffahrt wie befürchtet an zu regnen. Unterdessen näherten sich auch die Temperaturen mit jedem gewonnen Höhenmeter dem Gefrierpunkt und das im Sommer; so langsam wurde es unangenehm. Umso mehr freuten wir uns als wir endlich im Refugio knapp unter dem Pass angekommen waren und eine warme Mahlzeit zu uns nehmen konnten. Von hier war es dann nur noch ein kurzer aber heftiger Aufstieg die letzten 200 Meter hoch bis zur Forcellina di Montozzo (2.613 m). So schön es hier oben normalerweise ist, aber keinem von uns war nach einem langen Verbleib, so machten wir uns schnell auf die Abfahrt. Während das Hochtal oben noch weitgehend gut zu fahren ist, wird der Trail in Sichtweite des smaragdgrünen Lago di Pian Palu steil und schwierig zu fahren. Erst hinter einer Brücke, die uns über einen Bach in den Wald führte, wurde der Trail dann wieder einfacher. Immer wieder schimmert zwischen den Bäumen der See hindurch. Doch wer auf dem schmalen mit Wurzeln durchsetzen Weg nicht stürzen möchte, der sollte besser nicht so häufig ins Tal schauen. Wenn man das Ende des Trails erst erreicht hat, dann folgt der unspektakulärste Teil der Etappe. Grösstenteils auf Asphaltwegen geht es nach ins Val di Sole nach Dimaro auf Fusse der Brentadolomiten. Kurz vor dem nächsten grösseren Regenguss schafften wir dort unser Hotel zu erreichen.

6. Etappe: Dimaro - Riva

Der Gardasee in Sicht
Wie am Vortag ging es auch bei der letzten Etappe gleich in den Berg. Auf einer Schotterstrasse fährt man durch den Naturpark Adamello-Brenta in Richtung des recht hässlichen Wintersportortes Madonna di Campiglio. Weiter oben kann man zwischen den Bäumen immer häufiger einen Blick auf das Brentagebirge am Rande des Tals erhaschen. Den Ort Madonna Di Campiglio kann man getrost schnell durchfahren, da verpasst man nicht allzu viel. Dahinter führte uns die Route auf schmalen Waldpfaden und Schotterpisten hinüber ins viel schönere Val d'Agola. Das Idyll am gleichennamigen Bergsee weiter oben lud uns schon eher zu einer kleinen Pause ein. Es folgte der Aufstieg hoch auf den Bärenpass; ein letztes Mal war schieben angesagt. Nach kurzer Verschnaufpause geht es dann vom Bärenpass mit Highspeed weitgehend auf Schotterpiste ins Tal nach Stenico. Vom Klima her wurde es nun deutlich mediteraner. Ein letzter kaum erwähnenswerter Anstieg trennte uns jetzt noch vom Gardasee. Über einen Feldweg arbeiteten wir uns nach oben. Doch früher oder später kommt man hier auf die Strasse gen Riva. Ungefähr als wir auf die besagte Strasse kamen, fing es abermals an zu regnen. Es wäre auch ein fast ein Wunder gewesen, wenn es auf dieser Tour mal einen Tag ohne Regen gegeben hätte .. . Aber die Sicht war noch gut und so konnte wir die Panoramaabfahrt hinunter an den Gardasee trotzdem geniessen. Bis zu unserer Ankunft am See hörte der Regen dann zum Glück wieder auf. Dafür gab es dann beim obligatorischen Alpencrosser-Bad im See zur Abwechslung mal Wasser von unten. Im Ort genehmigten wir uns dann noch ein leckeres italienisches Eis - das hatten wir uns redlich verdient!

Auch wenn wir auf der Tour mit dem Wetter etwas Pech hatten, so machte mit die Route doch Spass. Konditionell und technisch anspruchsvoll bot sie alles, was man sich als MTB-Alpencrosser wünscht. Unser Guide zeigte ein ums andere Mal seine Erfahrung und führte uns sicher und mit viel guter Laune über die Alpen. So wurde es dann letztendlich doch ein schöner Sommerurlaub.

18. Dezember 2011

Worte eines Doppelweltmeisters

"Triathlon spielt man nicht. Man spielt Fußball oder Basketball und hat Spaß dabei. Triathlon ist harte Arbeit, die einen zusammengekrümmt und sich übergebend am Straßenrand enden kann. Triathlon ist eine physische Brutalität einer Mount-Everest-Besteigung ohne den belohnenden Ausblick vom Dach der Welt. Was muß man für ein Mensch sein, um sich das immer wieder anzutun? ..die FINISHLINE ist der einzige und wahre Grund dafür"

(Worte des Ironman-Doppelweltmeisters Chris McCormack)

27. November 2011

Zurück im Grossherzogtum

Eigentlich darf man es keinem mehr erzählen, aber der nicht ganz so sportaffine Leser wird mich vermutlich sowieso für einen Sportverrückten halten. Wie gut, dass ich noch einige Leute kenne, die ein noch unglaublicheres Jahresprogramm durchziehen und schon seit mehreren Jahren fast jedes Wochenende irgendwo einen einen krassen Lauf hinlegen. Also reden wir nicht um den heissen Brei: ich bin letztes Wochenende meinen nunmehr sechsten Ultramarathon des Jahres gelaufen. Die Strecke war allerdings keine unbekannte mehr: ich war zum zweiten Mal beim Uewersauer in Heiderscheid/ Luxemburg am Start. Den Start hatte ich meinem Sportkameraden Fabi zu verdanken. Er hatte noch nie einen Ultramarathon gelaufen und wollte das mal ausprobieren. Er schlug vor, einen Lauf im Dezember zu machen, was mir aus terminlichen Gründen aber nicht ganz so gut erschien. Da kam mir der Uewersauer im November wieder in den Sinn. Fabi liess sich zum Glück recht leicht von dem Lauf in unserem kleinen Nachbarland überzeugen. 

Karge Hochebenen ..
Heiderscheid liegt in dem Luxemburger Ausläufer der Ardennen. Wenn ich einem anderen Mitläufer glauben darf, dann es das Gebiet des Jasmännchens. Es soll der Sage nach für alles, was schief läuft verantwortlich sein, Grenzsteine versetzen sowie Wanderer und Läufer in Angst und Schrecken versetzten. Von alle dem war an diesem Sonntag wenig zu spüren: verlaufen mussten wir uns nicht und der Schrecken hielt sich auch in Grenzen - wir beide hatten jeweils nur eine kurze Schrecksekunde, als jeder von uns an unterschiedlichen Stellen mal kurz stürzte, sich dabei aber nicht weiter wehtat. Im Vergleich zu meinem Start vor 2 Jahren war das Wetter dieses Jahr auch deutlich besser: es war sonnig und trocken, bei guten Lauftemperaturen im oberen einstelligen Bereich. Da es im Stausee Bauarbeiten gab, fiel die Überquerung einer Pontonbrücke dieses Jahr aus; für mich war das vor 2 Jahren einer der interessantesten Abschnitte dieses Laufes da man sowas sonst doch eher selten erlebt. Anstattdessen ging es dieses Jahr hinter dem Kilometer 25 wieder eine steile Rampe hinauf, dann an einem schönen ausgesetzten Trail am Seeufer entlang, bevor wir dann über die Staumauer liefen. Die nächsten Kilometer danach waren für Trailläufer erstmal uninteressant, da wir über die Asphaltstrasse zur ursprünglichen Strecke hinüberlaufen mussten. Wenigstens störte uns kein Verkehr - die Strasse war wegen der Bauarbeiten im See gesperrt. Bei Kilometer 31 trafen wir dann wieder auf die ursprüngliche Route. Die Streckenänderung hatte allerdings auch zur Folge, dass sich die Gesamtdistanz der diesjährigen Ausgabe auf 52,5 km verlängerte. Da ich mit Fabi recht zügig unterwegs war, erwartete ich trotzdem eine Zeit unter der vor 2 Jahren. Doch ich da hatte ich die Zusatzschleife etwas unterschätzt und am Ende war ich mit einer Gesamtzeit von genau 6 Stunden doch eine ganze Ecke langsamer als damals. Auch dieses Mal war die eigentliche Zielverpflegung etwas spärlich. Dafür wartete nach der Dusche für uns Läufer im Zelt vor der Veranstaltungshalle leckere Lasagne - wahlweise vegetarisch oder mit Fleisch. Dazu gab es in der Halle noch die üblichen anderen Sachen, die man bei so einer Veranstaltung oft bekommt. So konnten wir mit unseren Mitläufern die Speicher wieder auffüllen und den Lauf in netter Runde nochmal Revue passieren lassen.
.. und schöne ausgesetzte Trails

Wie 2009 so war es auch dieses Jahr wieder ein grosser Spass hier zu laufen. Die Strecke ist einfach schön und hat für fast jeden etwas zu bieten: sie ist sowohl für Trail- und Ultralaufeinsteiger gut geeignet, wie auch für Freunde schöner Trails. Mein Kumpel Fabi, war von dem Lauf begeistert und hat sich schon für seinen nächsten Landschaftsultra angemeldet. Der Naturpark Uewersauer in den Luxemburger Ardennen ist für Naturfreunde auf jeden Fall eine Reise wert.

Zur Zeit befindet sich im Netz auch einen Fernsehbericht vom Luxemburger Fernsehen. Dieser vermittelt einen guten Eindruck von diesem sehr empfehlenswerten Lauf.

17. November 2011

Erfolg ist Teamsache

Heute mal nicht in eigener Sache.

4 Buchstaben lassen viele Ultrasportler immer noch erfürchtig gen Westen schauen: RAAM. Aus unserer Region macht sich wieder ein Sportler auf, um Amerika beim Race Across America zu erobern. Doch nicht allein, denn "Erfolg ist Teamsache". Und "mein" Mechaniker Matthias ist auch mit von der Partie. Hier der neue Trailer des Teams.

10. November 2011

Zum Thema älter werden

"Läufer werden nicht älter. Sie wechseln nur die Altersklasse." 
(Kenianische Läufer-Weisheit)

Open Trails!

Nachdem sich mein sportlicher Schwerpunkt in letzter Zeit weiter mehr weg vom klassischen Triathlon weg hin zum Trailrunning und Mountainbiken verlagert, habe ich diesen Weg nun auch formal unterstrichen und darf nun verkünden, dass ich Mitglied im DIMB e.V. geworden bin. DIMB steht für "Deutsche Initiative Mountain Bike" und ist die Interessenvertretung der Mountainbiker in Deutschland. Ziel ist die Förderung des Sports, egal in welcher Ausprägung. Wer sich jetzt fragt, warum das nötig ist, der muss nur in die gesetzlichen Regelungen verschiedener Bundersländer schauen. Ich kann als Beispiel aus dem Landeswaldgesetz meines Heimatbundeslandes (LWaldG) §37 Absatz 3 zitieren: ".. Nicht gestattet sind das Reiten auf gekennzeichneten Wanderwegen unter 3 m Breite und auf Fußwegen, das Radfahren auf Wegen unter 2 m Breite sowie das Reiten und Radfahren auf Sport- und Lehrpfaden ..". Mit anderen Worten verstösst der gemeine Mountainbiker in hiesigen Wäldern ausserhalb breiter Forstautobahnen gegen geltende Gesetze. Das es auch anders geht, macht uns der linksrheinische Nachbar vor, wo in pfälzischen Wälder biken erlaubt ist und ein respektvoller Umgang zwischen Biker, Wanderern und Förstern möglich ist. Natürlich gehört dazu auch einsprechendes Verhalten der bikenden Waldnutzer, deshalb verpflichte ich mich als DIMB-Mitglied auch den folgenden Wegeregeln:
  1. Fahre nur auf Wegen.
  2. Hinterlasse keine Spuren.
  3. Halte dein Mountainbike unter Kontrolle.
  4. Respektiere andere Naturnutzer.
  5. Nimm Rücksicht auf Tiere.
  6. Plane im Voraus.
Dass dies nicht nur leere Floskeln sind, kann man u.a. erkennen, wenn man auf die Aktionen der DIMB schaut. So gab es jüngst erst eine freiwillige Sammelaktion an den Isartrails, wo man jeglichen Problemmüll aufsammelte, der sich auf den Naturwegen angesammelt hatte.
 
Das sind nur 2 Gründe, warum ich den Verein für unterstützungswürdig halte und weshalb ich beigetreten bin. Ich könnte noch mehr nennen, aber der geneigte Leser schaut sich die Seiten der DIMB besser selbst einmal an und findet sicher von selbst noch weitere Punkte und Projekte, die klar machen, warum diese Initiative sinnvoll und unterstützungswürdig ist.

17. Oktober 2011

Herbstlauf an der Bergstrasse

Ein goldenes Oktoberwochenende liegt hinter uns - was war das wieder für ein Traumwetter! Heute hat's mich wie so viele rausgetrieben. Nachdem ich diese Woche nach einer zweiwöchigen, regenerativen Auszeit wieder mit dem Laufen angefangen habe, hat es mich irgendwie gereizt mal wieder einen kleinen Volkslauf zu machen. Ein bisschen neugierig war ich, was ich ohne Bahntraining und mit all den langen Distanzen der letzten Zeit wohl noch auf der Strasse laufen konnte. Ein kurzer Blick in den Laufkalender und der richtige Lauf war gefunden: den Volksbanklauf in Wiesloch hatte ich bisher noch nicht gemacht - ein Grund mehr ihn mal auszuprobieren und kennenzulernen. Was ich nicht ahnte: nicht der Lauf war die grosse Herausforderung, sondern die kurzfristige Nachmeldung. Um 7 Uhr klingelte der Wecker. Nach dem Morgenprozedere war ich bald auf dem Weg nach Wiesloch. Nachmeldung war laut Ausschreibung in der Volksbank-Hauptstelle in Wiesloch möglich, für den Bambinilauf gab es auch eine Nachmeldung nahe dem Ziel im Nachbarort Nußloch. Rechtzeitig in Wiesloch angekommen, fand ich schnell einen Parkplatz und stand kurz darauf vor der Volksbank in der Fussgängerzone - geschlossen. Auf dem Plakat im Foyer gab es keine weitere Information und auch sonst kein Zettel was mit der Nachmeldung wäre. Was tun? Ein Passant kam vorbei und ich fragt, ob es noch eine weitere Volksbankfiliale in Wiesloch gäbe. "Nein, ich kenne keine. Der Ort ist so klein, da lohnt eine zweite Filiale nicht". Mir war auch keine bekannt - kurz überlegt: vielleicht hatte man die Einschreibung kurzfristig nach Nußloch verlegt? Schnell zurück zum Auto und rüber in den Nachbarort zum Zielbereich. Dort angekommen, gleich einen anderen Läufer gefragt. Er erzählte mir, dass er sich vor einer halben Stunde bei der Volksbank in Wiesloch angemeldet hatte - allerdings wohl in einer anderen Filiale, deren Standort er leider nur schlecht beschreiben konnte. Langsam wurde es eng. Wahrscheinlich würde ich es nicht mehr rechtzeitig schaffen, aber bevor ich nach all dem Theater heim fuhr, wollte ich es doch nochmal in Wiesloch probieren. Ich fand die andere Filiale dann doch recht schnell und konnte mich tatsächlich noch anmelden. Also für alle, die beim nächsten Mal ebenfalls in Wiesloch starten wollen und sich dort auch nicht so gut auskennen: die Hauptstelle befindet sich ca. 300m südlich der Filiale in der Fussgängerzone etwas ausserhalb vom Stadtzentrum in Richtung Frauenweiler. Ich wies die Helfer bei der Anmeldung auf die Verwechslungsgefahr hin und das ein Schild in der anderen Filiale ganz hilfreich wäre; vielleicht haben Läufer im nächsten Jahr das Problem ja nicht mehr.

Zum Lauf selbst. Start war in einer Seitenstrasse zur besagten Bank, das Ziel auf dem Parkplatz eines grossen Supermarktes im Nachbarort Nußloch. Nach dem Start geht es zuerst durch die Wieslocher Fussgängerzone und dann eine Steigung hinauf zum Stadtwald. Am Waldrand entlang geht es hinaus in die Felder gen Walldorf. Nach einer kleinen Schleife über unbefestigte Feldwege und ein paar Dämme läuft man wieder zurück in Richtung des Odenwalds und gen Nußloch. Hier geht es leicht bergauf und als ob das nicht genug wäre, machte heute auch ein relativ strammer Wind den Läufern auf dem freien Feld zu schaffen. Der letzte Kilometer am Ortsrand von Nußloch ist dann leicht abschüssig und man kann nochmal richtig Dampf machen, bevor es ins Ziel geht.

Für mich war das wie schon erwähnt ein spontaner Spasslauf, deshalb machte ich mir auch keine Tempovorgabe, konnte ich mich doch nur schwer einschätzen. Ich rechnete mit einer Zeit zwischen 42 und 45 Minuten, wäre aber auch über eine etwas schlechtere Zeit nicht überrascht gewesen zumal ich die Strecke nicht genau kannte. Allerdings war mir klar, dass es einige Wellen zu erlaufen gab und es mit Sicherheit keine Strecke für eine Bestzeit würde. Ich ordnete mich im Startbereich nicht so weit vorne ein und lief zu Beginn in meinem Wohlfühlbereich, den ich erst beim Anstieg aus dem Stadtzentrum rauf zum Wald kurzzeitig verliess. Bis zum Ende des Waldes hatte sich das Feld etwas auseinander gezogen. Ich arbeitete mich langsam aber stetig mit einem 4:10er Schnitt langsam nach vorne. Nur in den windigen Abschnitte suchte ich Schutz hinter vorauslaufenden Läufern auch wenn ich dafür kurzzeitig etwas Tempo rausnehmen musste - Kräftesparen war für mich die Prämisse, hatte ich doch schon länger keinen Tempolauf mehr gemacht. Letztendlich wusste ich auch nicht wie mir der 100-Meilen-Lauf von vor 3 Wochen in den Knochen steckte. Bis Kilometer 8 lief es ganz gut und relativ konstant; ich hatte zu diesem Zeitpunkt nur noch einen Mitläufer. Der Rest des Feldes war nach vorne oder hinten entschwunden. Doch mit dem Wind und der leichten Steigung hatte nun auch ich etwas mehr zu kämpfen und mein Begleiter konnte mir ca. 50 Meter enteilen. Bis zum Ziel arbeitete ich mich dann stetig wieder an ihn heran. Im Ziel war ich dann mit einer 41:39 (offiziell 41:41 Min.). Das bedeutete den 28. Platz (6. in der Altersklasse) von 239. (34.). Zwar bin ich doch ein ganzes Stückchen hinter meiner Bestzeit, aber sowohl die Zeit wie auch die Platzierungen waren in Anbetracht der Rahmenbedingungen mehr als erfreulich und passten hervorragend zu diesem wahrlich herrlichen Herbsttag.

6. Oktober 2011

Ein Mythos feiert Jahrestag

Am Wochenende geht's wieder rund auf Big Island: der Ironman Hawaii steht an. Aktuell wird man als Triathlet im virtuellen Raum täglich zugeballert mit den aktuellsten Neuigkeiten von der Pazifikinsel. An mir geht es im Vergleich zu den Vorjahren diesmal etwas alles vorbei. Das Interesse ist nicht mehr ganz so gross. Das ist einerseits sicher ein Spiegelbild meiner eigenen persönlichen Interessen: für mich persönlich hatte der Ultratrail du Mont Blanc dieses Jahr im Vergleich zum jetzigen Ironman einfach einen viel höheren Reiz und Stellenwert. Aber auch was das Teilnehmerfeld angeht, ist aus meiner Sicht etwas die Luft raus. Die für mich herausragenden Charaktere der letzten Jahre werden dieses Jahr keine Rolle mehr spielen oder gar nicht mehr am Start sein. Chriss "Macca" McCormick hat dieses Jahr andere Prioritäten und versucht sich wieder mehr auf der Kurzdistanz, Normann Stadler ist leider zurückgetreten. Die Favoriten für dieses Jahr sind ebenfalls herausragende Athleten und werden sicher ein tolles Rennen abliefern, doch echte Typen, die auch Nicht-Triathleten vor den Fernseher locken könnten, vermisse ich etwas. Einzig eine Chrissie Wellington versteht noch das unbeteiligte Publikum in ihren Bann zu ziehen. Und wenn ich am Wochenende das TV-Gerät anschalten werde, dann primär um sie und vielleicht einen Faris Al-Sultan zu sehen. Sollte das Rennen in der Männerspitze aber so werden wie ich es befürchte, dann werde ich mir nebenbei vielleicht lieber nochmal das ein- oder andere Video des Rennens am Mont Blanc anschauen. Last but not least hat die fortschreitende Kommerzialisierung der Ironman Serie bei mir auch ihre Spuren hinterlassen und meine Begeisterung auch für dieses Rennen gedämpft. Nächstes Jahr werde ich deshalb nach bisherigem Stand auch kein weiteres Rennen der Serie bestreiten. Warum auch: die gewachsene Challenge-Serie bietet inzwischen sehr schöne Alternativen für Langdistanztriathleten, die nicht dem Hawaii-Start nachjagen wollen oder müssen. Mit dem Ostseeman oder dem Triathlon in Moritzburg gibt es weitere interessante Langdistanzen in Deutschland. Was bleibt ist der Mythos des Ur-Triathlons, der vor vielen Jahren auf der Inselgruppe im Pazifik als neue Sportart ins Leben gerufen wurde. Vielleicht ist es dieser Mythos, der uns Triathleten auch am kommenden Wochenende wieder vor die Live-Übertragungen im Netz und TV locken wird.

29. September 2011

Grenzen überschreiten - 100 Meilen durch das Land

So langsam kann ich es fassen - selbst glauben - was ich da geschafft habe. Bin ich verrückt, weil ich immer extremere Sachen mache? Vielleicht, aber hoffentlich positiv verrückt. Und vorallem macht es Spass!
Kurzer Rückblick. Seit nunmehr 10 Jahren mache ich Ironman-Wettkämpfe als mein jährliches Saisonhighlight. Doch zuletzt habe ich leichte Abnutzungserscheinungen mentaler Art gemerkt. Zwar finde ich Triathlon immer noch eine der spannensten Sportarten, die es gibt, doch war zuletzt etwas die Luft raus - die Spannung etwas weg. Inzwischen habe ich fast alle Wettkämpfe gemacht, die ich mal machen wollte, so war es an der Zeit sich neue Ziele zu setzen und wieder neue Motivation zu finden. Für 2011 bedeutete das weniger Triathlon und mehr anderer Sport. Die Wahl fiel hierbei besonders auf Ultramarathons, Landschaftsläufe und Trailrunning - wortwörtlich naheliegend seit meinem Umzug zu Beginn des Jahres, da ich jetzt fast am Waldrand und Berg wohne. Nach dem 50er in Rodgau im Januar folgte im Mai meine erste Teilnahme am Rennsteiglauf in Thüringen - mit 72,7 Kilometern mein bis dahin längster Lauf. Doch damals war mir schon klar, dass das für dieses Jahr noch nicht das Ende der Fahnenstange war. Ich hatte mir ein klares Ziel gesetzt und das hiess mehr solch schöne Landschaftläufe zu machen und die Qualifikation für den Ultratrail du Mont Blanc zu schaffen. Und dafür fehlten mir noch einige Qualifikationspunkte. Im August kehrte ich nach Sonthofen zum Allgäu Panorama Ultratrail zurück, finishte bei hochsommerlichen Temperaturen und kassierte meine nächsten Punkte. Anfang September startete ich dann beim L'Infernal Trail des Vosges über 150 km. Verletzungsbedingt musst ich bekanntlich bei der Hälfte der Strecke aussteigen. Das hatten meinen Hoffnung auf eine baldige Qualifikation einen kräftigen Dämpfer gegeben - die letzten Qualifikationswettkämpfe für dieses Jahr waren alle entweder weit weg oder schon voll. So auch der KuSuH 100, bei dem ich zumindest noch an Position 5 der Warteliste stand.  Ich erholte mich erstmal von dem anstrengenden Lauf und kurierte meine Verletzung wieder aus. Dann geschah womit ich kaum noch gerechnet hatte und ich rutsche keine 48 Stunden vor dem Start des KuSuH doch noch in das Startfeld. Ich musste nicht lange überlegen, um sagte sofort zu. Ohne gezielte Vorbereitung ein 100-Meilen-Lauf quasi aus dem Training heraus - das war selbst für mich ungewöhnlich.
Zum Lauf werde ich jetzt noch nicht viel erzählen, das folgt später einmal. Aber wichtig ist: ICH HABE ES GESCHAFFT!!!!! 100 amerikanische Meilen - 160 Kilometer mit über 3.100 Höhenmetern durch die Region Kraichgau, Stromberg und Heuchelberg. So viel bin ich noch nie gelaufen: die ca. 78 Kilometer in den Vogesen waren bisher die weiteste Strecke, der Lauf in Thüringen der bisher längste, den ich gefinisht habe. Jetzt mehr als das Doppelte .. und es fiel mir einfacher als ich dachte. Natürlich war ich im Ziel ziemlich geschafft und wollte auch vom Mont Blanc-Lauf erstmal nicht mehr wissen. Doch jetzt ein paar Tage später sieht das alles schon wieder ganz anders aus. Ich habe bei dem Lauf gefunden, was ich lange gesucht habe. Dieser Lauf war genau das, was ich machen wollte: Spass, gute Laune und ein kleines Abenteuer mit Freunden (die ich erst beim Lauf kennengelernt habe). Das alles in herrlicher Natur auf anspruchsvoller, abwechslungsreicher Strecke. Ich habe meine persönliche Grenze wieder etwas weiter verschoben und bin begeistert, was alles möglich ist, wenn man es nur wirklich will. Danach kann man süchtig werden. Meine Qualifikationspunkte habe ich jetzt zusammen, ich kann mich nun also beruhigt zurücklehnen, mich erholen und mir Gedanken über die nächste Saison machen. Und mich freuen über das was ich da am letzten Wochenende geschafft habe - einfach unglaublich!

11. September 2011

Traillauf in den Vogesen (mit Update)

Morgengrauen in den Vogesen
Bertold Brecht hat mal gesagt "Wer kämpft, der kann verlieren. Wer nicht kämpft, der hat schon verloren". Lange habe ich mit mir gerungen, ob ich die 159 Kilometer lange Strecke des L'Infernal in den Vogesen machen sollte. Nicht die Distanz machte mir Sorgen, sondern die Höhenmeter. Irgendwann musste ich dann an das besagte Motto denken und wagte dann die Anmeldung. Um das Ergebnis gleich vorweg zu nehmen: ich konnte den Lauf nicht beenden. Habe ich deshalb verloren? Ja, wenn man es vom Resultat her betrachtet schon. Aber ich bin um einige Erfahrungen reicher, habe einen tollen Lauf kennengelernt und eine schöne Landschaft gesehen. So weh mir das Ausscheiden - das erste bei einem Lauf überhaupt - tut, so hätte ich etwas verpasst, wenn ich nicht gestartet wäre. So ärgert mich fast noch mehr, dass ich nicht auch den Rest der Strecke kennengelernt habe.

Kurz vor dem Start lernte ich Gerhard kennen. Er war neben mir anscheinend der einzige Deutsche, der sich zu diesem Lauf gewagt hatte. Wie ich aus unserem Gespräch erfuhr, verfügte er schon über reichlich Ultratrailerfahrung. Auf meine vorsichtigen Aussagen bzgl. meines zu erwartenden Ergebnisses, machte er mir Mut. Ein Satz sollte mir allerdings schneller wieder in Erinnerung kommen als ich dachte: "Du wirst irgendwann während des Lauf einen toten Punkt erreichen - den hat aber jeder mal und da musst Du drüber hinaus laufen". 

Der Start erfolgte dann um 0 Uhr. Zum Start gab es noch ein kleines Feuerwerk und ein brennender Schriftzug mit dem Namen des Laufs wurde am Hügel entzündet. Dann ging es los. In einer kleinen Schleife rannten wir durch den Ort zum Rathaus. Den Publikum nach war der ganze Ort auf den Beinen, um uns anzufeuern. Dann ging es den ersten Berg hinauf und in den Wald. Für mich eine neue Erfahrung, hatte ich doch nie zuvor einen Lauf in der Nacht gemacht. Das eher zweidimensionale Licht war sehr gewöhnungsbedürftig, doch man gewöhnte sich daran. Erschwerend kam in den tieferen Regionen Nebel dazu, der die Sicht nicht gerade verbesserte. Ich versuchte immer in einer Gruppe zu laufen, so war der Weg dann immer gut ausgeleuchtet und besser zu laufen. Hie und da kamen wir an ein paar Hotspots vorbei, an denen uns Leute anfeuerten - mitten in der tiefsten Nacht! Die Strecke verlief zu 90% im Wald. Ausser uns Läufern war kaum etwas zu hören: ein paar Mal rief ein Kauz in die Nacht und paar Fledermäuse flatterten um uns herum. Nachdem es moderat mit Wegen begonnen hatte wie ich sie auch von zuhause kannte, zogen einige Rampen das Feld gehörig auseinander. Mitunter führte die gut markierte Strecke über Hänge, die ich nie und nimmer als Weg erkannt hätte, wenn sie nicht mit Pfeilen und Flatterbänder gewesen wären. Mehr als einmal musste ich auf allen Vieren den Hang hinaufklettern. Kilometermarkierungen gab es unterwegs keine - nur eines war sicher - der Weg ist auf jeden Fall noch weit. Kurz nach 3 Uhr - ich weiss nicht der wievielte Anstieg das war - kam er dann der Punkt, den Gerhard beschrieben hatte. Der Hang wollte nicht enden. Habe ich mich jemals über den harten Anstieg beim Lauf im Allgäu zum Sonnenkopf beschwert? Das mache ich nie mehr, denn das hier war nochmal ein ganz anderes Kaliber. Ich war entkräftet und fühlte mich leer. Die Punkt kam viel zu früh! Hatte ich mir zu viel zugemutet? Das konnte es doch eigentlich noch nicht gewesen sein. Die zurückgelegten Kilometer waren noch ein Witz. Irgendwas musste ich tun. Vor dem Lauf hatte ich mich nochmal zu einem vollwertigen Trailläufer ausgestattet. Ein Laufrucksack mit etwas mehr Stauraum als bei meinem alten. Und, das sollte in diesem Moment meine Rettung sein, mit zwei Stöcken. Diese hatte ich bis zu diesem Moment auf meinem Rucksack getragen. Nun war mir aber alles egal. Ich holte sie vom Rucksack, stütze mich kurz auf ihnen auf während ich etwas ass und trank, dann setze ich die Kletterpartie fort. Vielleicht konnten mir die Stöcke ja helfen diesen Hang hoch zu kommen und dabei etwas Kraft zu sparen. Das Gute ist, jeder Berg hat ein Ende und so kam auch ich irgendwann oben an. Und wenn meine Vermutung richtig war, war ich auch immer noch ganz gut im Feld platziert. Ich wusste zwar nicht wie ich diese Strecke schaffen sollte, wenn es so weitergehen würde, doch das hier sollte noch nicht das Ende sein. Die nächste Verpflegung nutzte ich ausgiebig und die Ruhe tat mir gut. Danach lief es bei mir wieder besser. Zwar schmerzten meine Fußsohlen und hie und da meldeten sich auch meine Beine, doch das konnte ich erfolgreich ignorieren; wie zu erwarten waren die Schmerzen in den Beinen immer nach kurzer Zeit wieder verschwunden.
Frühnebel in den Tälern
So langsam konnte ich diesen Lauf auch wieder geniessen. Die Stöcke halfen mir deutlich mit der Strecke sowohl bergauf wie auch bergab besser zurecht zu kommen; ich hatte das insgesamt kraftsparender unterwegs zu sein. Unterdessen hatte ich den Eindruck, dass sich der Nebel in die Täler zurück zog. So hatten wir oben auf den Bergen, eine wesentlich bessere Sicht auf den Weg und nach oben einen tollen Ausblick auf das Firmament. Mir erschien das Funkeln der Sterne heute heller als sonst - unzählige kleine und grosseheiss. Kurz kamen Erinnerungen an den Lauf im Allgäu hoch. Ich tat was ich bei solchen Wettkämpfen immer tat: ich achtete auf eine ausreichende Versorgung, trank regelmässig und versuchte so gut es ging im Schatten zu laufen.
Zeugnis der Vergangenheit
Dann kam irgendwann ein Abstieg, der es in sich hatte - es müsste am Moyement gewesen sein. Es ging direkt einen steilen Abhang hinunter. Wieder einer dieser Wege, die ich schon als Wanderer ungern nehmen würde. Dieser Abschnitt muss meinen sowieso schon geschundenen Sehnen und Bändern dann den Rest gegeben haben, denn danach hatte ich besonders bei den weiteren Bergabpassagen Schwierigkeiten bei leichter Kippbewegung des rechten Fusses - ein falsche Bewegung und ein Höllenschmerz durchfuhr mich. An rennen war nicht mehr zu denken. Bisher hatte ich alle Schmerzen erfolgreich ignoriert, doch dieses Mal war das Zeichen des Körpers nicht mehr zu überhören. Auf dem Piquante Pierre erfuhr ich, dass ich immer noch ganz ordentlich platziert war, doch als ich hinunter nicht mehr richtig laufen konnte, war meine Entscheidung klar - dies würde der erste Lauf meines Lebens sein, den ich nicht beenden würde. Auf dem Abstieg überholte ich sogar noch gehend einen anderen Läufer, der offensichtlich auch grosse Schwierigkeiten hatte - es war ziemlich eindeutig, dass auch eher an der nächsten Station aufgeben würde. An der Station angekommen traf ich auf einen weiteren Abbrecher und es sollten an dieser Station auch noch mehr folgen. Nach einiger Zeit kam ein Arzt und untersuchte meinen Fuss. Die Diagnose war so wie ich es verstand gar nicht schlecht: es wäre nichts schlimmes, meine Bänder wären noch in Ordnung und ich könne versuchen weiter zu laufen, er würde mir allerdings dazu abraten. Die Schmerzen beim Auftreten waren akut und nochmal ca. 80 bis 90 Kilometer mit so einem Schmerz weiterzumachen hätte für mich nichts mehr mit Spass und Sport zu tun gehabt. Wenn die Gesamtstrecke zwischen 90 und 100 Kilometern gewesen wäre, wäre ich vermutlich trotz Schmerzen weiter und hätte den Lauf gehend beendet. Aber diese Distanz war mit den Schmerzen dann doch zu viel und wer weiss, was ich mir dadurch alles kaputt gemacht hätte.

Meine Entscheidung bereue ich auch einen Tag danach nicht. Dem Fuss geht es inzwischen wieder besser, er war gestern vermutlich einfach überreizt. Meinen deutschen Mitstreiter traf ich übrigens an der Verpflegung, an der ich ausstieg, wieder. Er bestätigte mich darin, dass der Anteil schwieriger Trails hier aussergewöhnlich hoch wäre. Und dass das nur etwas Leute mit Sehnen und Bändern wäre, die solche Wege schon eher gewöhnt wären. Meine Sehnen waren das zumindest nicht und im Odenwald kenne ich auch keine vergleichbaren Wege, um das mal zu trainieren. In Zukunft werde ich solche Wettkämpfe ohne adäquate Vorbereitung also lieber meiden. Und last but not least: ich habe ungefähr 75 Kilometer dieses harten, kräftezehrenden Laufes geschafft! Dafür habe ich zwar keine Urkunde oder Medaille bekommen, aber hey .. das war eine starke Leistung auf die ich auch ein kleines bisschen stolz sein kann.

Update: inzwischen hat auch Gerhard seinen Bericht vom Lauf online gestellt. Im Gegensatz zu mir hat er es mit seiner Lauferfahrung und ohne Verletzung ins Ziel geschafft und auch noch eine gute Platzierung erreicht. Jeden seiner Eindrücke vom Lauf kann ich absolut bestätigen.

1. September 2011

Vor dem TAR 2011

Am Wochenende geht es wieder los .. und wieder kann ich nicht dabei sein.



Leider habe ich wieder keinen Laufpartner bzw. keine Laufpartnerin für den Transalpine-Run gefunden, der/ die sich mit mir auf das Abenteuer Alpencross per Pedes einlassen möchte. Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr. Überlegt's Euch!!!

Ich drücke auf jeden Fall allen diesjährigen Teilnehmern - egal ob ich sie kenne oder nicht - die Daumen und wünsche einen guten Lauf!

Wer den Lauf von zuhause verfolgen will, kann dies über die den YouTube-Kanal des Transalpine-Run und vermutlich auch bei Salomon machen.

23. August 2011

Hitzeschlacht im Allgäu

Nach einem Jahr Pause bin ich am Wochenende wieder beim „Allgäu Panorama Marathon“ über die Ultratrail-Distanz gestartet. Dieses Jahr war es gleichzeitig die Deutsche Meisterschaft im Landschaftslauf der Deutschen Ultramarathon Vereinigung. Wie schon bei meiner ersten Teilnahme, hatten wir auch dieses Jahr Glück mit dem Wetter: wolkenloser Himmel und strahlender Sonnenschein – das Thermometer kletterte früh weit über 30 Grad. Zum Laufen war es etwas zu warm, aber dafür wurde der Blick auf die tollen Alpenpanoramen auch durch nichts getrübt. Oben in den Bergen gab es ganz grosses Kino: eine herrliche Fernsicht auf die umliegende alpine Kulisse, Wiesen und Weiden, verblockte Trails und Wurzelpfade mit Ausblick. In dieser Traumlandschaft war für jeden Läufertyp etwas dabei.

Der Start der Ultratrailstrecke erfolgte morgens um 6 Uhr herrlich unaufgeregt: mit ruhiger, leiser Stimme zählte der Sprecher erst die Minuten, dann die Sekunden bis zum Start runter. Dann ging es raus aus Sandhofen erstmal ein Stück an der Iller entlang. Noch war es recht frisch, doch das sollte sich bald ändern und spätestens beim ersten Anstieg nach ca. 2,5 Kilometern wurde es sowieso jedem von uns warm. Fortan ging es für lange Zeit erstmal nur noch bergauf – mal mehr, mal weniger stark. Auf dem ersten Abschnitt bis zur Weltcuphütte, um Sigiswanger Horn und Rangiswanger Horn zum Gipfel des Weiherkopfes taucht man geradezu ein in die Allgäuer Bergwelt. Unten im Tal schlief man vermutlich noch tief und fest, während sich hier oben die Weidetiere friedlich ihr Frühstück suchten und wir Läufer uns schon hochkonzentriert bergauf durch teils schwierige Trails manövrierten. Ab und zu stand Vieh uns im Wege, abschnittsweise wurde ich aber auch von einer laufenden Kuh regelrecht begleitet. Da sie etwas oberhalb meines Weges lief, hatte ich kurzzeitig fast Furcht, sie würde stolpern oder abrutschen und auf mich drauffallen. Ich hatte schon früh auf den ersten Bergauftrails Schwierigkeiten das Trainierte umzusetzen: ich fühlte mich mehr angestrengt als erwartet und meine Trittsicherheit liess zu wünschen übrig – das würde ein harter Tag werden! Die ersten 900 Höhenmeter waren am Riedberger Horn geschafft und zum Glück ging es von hier für’s Erste bergab. Erst ab der Verpflegung in Grasgehren ging es mir etwas besser; vielleicht hatte einfach der morgendliche Kaffee gefehlt und nun musste das gereichte Cola seine Wirkung zeigen. Dahinter wurden die Wege etwas einfacher. Über die Schönberg-Alpe und weitere andere Alpen näherten wir uns dem Kleinwalsertal. Die Grenzen nach Österreich hatten wir schon längst überschritten. Der rutschige Abschnitt durch das Rohrmoos, den wir vor 2 Jahren noch gelaufen waren, war dieses Jahr nicht mehr dabei. Durch die Regenfälle der vergangenen Wochen wäre das Moor zu gefährlich gewesen. So kamen wir dieses Mal auch relativ sauber am Gasthof Hörnlepass an, ein möglicher Schuh- oder Kleiderwechsel war damit obsolet. Für mich damals wie heute ist die Verpflegungsstation am Hörnlepass vielleicht die Beste auf der ganzen Strecke: es gibt alles was man sich wünscht, die Helfer sind gut gelaunt und hilfsbereit - man glaubt fast, sie können einem jeden Wunsch von den müden Augen ablesen. Ungefähr bei Kilometer 35 hatten wir am Viadukt hinüber nach Unterwestegg dann die Hälfte der Strecke hinter uns gebracht. Doch wo ein Tal ist, da ist auch ein Berg. So ging es auf der anderen Seite wieder gnadenlos hinauf. Es war inzwischen unerträglich heiss geworden und meine Mitläufer und ich nahmen jeden Brunnen unterwegs als willkommene Erfrischung. Da wir uns schnell wieder in die Höhe bewegten, bot sich schon nach kurzem eine tolle Aussicht ins Tal und über die Oberstdorfer Bergwelt mit Blick bis zum Grünten. Auf einer Passage über einen Holzsteg – ich glaube es war im Hühnermoos - verlief ich mich kurz. Einige Wanderer versperrten den kompletten Weg und reagierten in ihre Gespräche vertieft nicht auf meine Rufe von hinten bitte eine Gasse frei zu lassen. Da ich in der Menschenmenge auch keine Wegmarkierungen sehen konnte, rannte ich in der irrigen Annahme hier ginge unsere Strecke weiter in den ersten Trail am Waldrand hinein. Meinen Irrtum bemerkte ich zum Glück schnell, kletterte die paar Meter wieder hinauf zurück zum Holzsteg und war beruhigt als ich die nächsten nachfolgenden Läufer vorbeilaufen sah. Leider hatte ich mir bei meinem Ausflug durch das Moos ein paar Steinchen im Schuh eingefangen, deshalb musste ich 2 mal anhalten, um sie aus meinem Schuh zu entfernen. Dann folgte ein längerer Abschnitt im Wald. Wald bedeutete Schatten und das war erstmal gut. Die Route führte uns um den Freibergsee. Bei dem herrlichen Ausflugswetter waren hier viele Wanderer unterwegs. Zum Glück waren die Wege breit genug und die meisten Wanderer recht rücksichtsvoll, so dass wir uns nicht gross in die Quere kamen. Dann näherten wir uns Oberstdorf. Kurze Zeit ging es durch die Ebene. Vorbei am Minigolfplatz und am Eissportzentrum begann dann der letzte Anstieg, der uns schon nach kurzer Zeit in die Skisprungarena führte. Ein paar Leute hatten tatsächlich den Weg hier hin gefunden, um uns anzufeuern; vermutlich zum Grossteil Anhang der Teilnehmer. Beim Einlauf kündigte uns ein Sprecher an und wir liefen auch über eine Zeitmessmatte – es hatte schon fast etwas von einem Zieleinlauf. Und tatsächlich hätte man hier die Möglichkeit gehabt auszusteigen. Doch obwohl ich mit meinen Kräften schon ziemlich am Ende war, war aussteigen keine Option: mein Auto stand in Sonthofen und ich wollte auch die Qualifikationspunkte für den Ultratrail am Mont Blanc, die ich nur bei einem Finish hier bekäme. Also weiter. Von hier war es auch „nur“ noch Halbmarathondistanz .. allerdings mit 1.000 Höhenmetern, die ohne grosse Verschnaufpause in einem Rutsch zu erklimmen waren. Davon waren ungefähr 400 sogar auf einer Strecke von nur ca. 700 Metern ab dem Entschenalp-Hof auf dem letzten Teil zum Sonnenkopf hoch. Mir hätte schon der Anstieg bis dahin gereicht, die Hitze gepaart mit dem Anstieg kostete uns die letzten Körner. Inzwischen nuckelte ich schon alle 5 Minuten an meinem Trinkrucksack, die ersten Anzeichen einer Dehydrierung waren nahe, obwohl ich heute wie auch am Vortag regelmässig und ausreichend getrunken hatte. Auf dem Weg zur Gaisalpe fuhr ein etwas älterer Radfahrer an meiner Seite und unterhielt sich mit mir. Es stellte sich heraus, dass er früher selbst begeisterter Landschaftsläufer und aus Darmstadt war. Er hatte während seines Urlaubs zufällig von der Veranstaltung gehört und kam deshalb hierher, um uns etwas anzufeuern. Das Gespräch mit ihm half mir die Strapazen zu vergessen. An der Gaisalpe trennten sich dann leider unsere Wege, waren doch die folgenden Pfade für ihn nicht mehr befahrbar. Spätestens bei der Rampe hoch zum Sonnenkopf wäre für ihn Endstation gewesen. Doch irgendwann hat jeder Berg mal ein Ende. Ein kurzes „Hallo“ mit ein paar Leuten, die uns am Sonnenkopf erwarteten, dann ging es schon bergab gen Sonthofen, das wir von hier oben gut sehen konnten – es sah nur noch sooo weit aus. Bergab war ich sehr vorsichtig. Jetzt bloss kein Sturz mehr. Und auch einen Kollaps wollte ich vermeiden. Ausserdem schmerzten meine Füsse und so erlaubte ich mir sogar bergab abschnittsweise zu gehen – Ziel war es nur noch heil am Schwimmbad in Sonthofen anzukommen. Auch wenn es etwas deprimierend war, Konstanz hatte ich keine mehr, doch mein Geh-Lauf-Wechsel funktionierte. Ein Pärchen überholte mich schon oben auf dem Trail hinab vom Gipfel. Mehrere Male konnte ich sie nach kurzem „Erholungsspaziergang“ ein- und überholen, obwohl sie mir eigentlich noch fitter erschienen. Den letzten Abschnitt kurz vor Sonthofen hatte ich von meiner letzten Teilnahme etwas anders in Erinnerung. Vielleicht ist die Streckenänderung auf der Wettkampfbesprechung, die ich verpasst habe, verkündet worden. Laut Ausschreibung sollte es entlang des Schwarzenbachs zur Wassertretanlage und von da zum Schwimmbad gehen. Der Strecke am Bach hatte ich deutlich länger und schöner in Erinnerung. Im Grunde genommen war das aber auch egal, denn im Vergleich zum Rest der Strecke war das marginal. Am Schwimmbad angekommen, konnte ich schon die ersten Läufer sehen, die das Bad schon wieder verliessen. Ob sie von der langen Strecke oder einer der kürzeren Strecken kamen, war nicht ersichtlich. Eigentlich wollte ich ja auch viel früher wieder hier sein, aber manchmal läuft alles doch etwas anders als man denkt. Mit so extremen Bedingungen hatte ich nicht gerechnet und heute zählte irgendwann nur noch das gesunde Ankommen und das habe ich erreicht. Knapp 2 DIN-A4 Seiten Abbrecher in der Ergebnisliste sprechen Bände. Ich wurde 86. von 246 Finishern mit einer Zeit knapp über 10 Stunden - letztes Mal war ich über eine halbe Stunde schneller. Interessant war, dass sich an meinen Zwischenplatzierungen nichts gross verändert hat und ich meine Platzierung der ersten Zwischenzeit bis ins Ziel gehalten habe, während sich bei den anderen Platzierungen um mich herum sehr viel Bewegungen im Laufe des Rennens von oben nach unten und anders herum gezeigt haben.

Auf jeden Fall sucht diese Strecke in Deutschland seinesgleichen. Die Organisation war ebenfalls top. Es ist und bleibt ein sehr empfehlenswerter Lauf. Dem interessierten Einsteiger würde ich allerdings empfehlen erstmal auf der kürzeren Marathonstrecke reinzuschnuppern, bevor man sich auf den langen Kanten begibt.

16. August 2011

Er weiss was es bedeutet zu gewinnen

Er ist noch nicht lange dabei, aber schon jetzt ist seine sportliche Vita mehr als beeindruckend: 2 mal hat er den Ultra-Trail du Mont-Blanc gewonnen, er ist 2010 Weltmeister im Skyrunning geworden, er war Dritter beim Western States 100 miles und hält verschiedene Streckenrekorde bei anderen Läufen. In dem Video gibt Kilian Jornet Burgada einen Einblick in seine Vorbereitung, seine Wettkampfstrategien und seine Motivation.

3. August 2011

Training for a kind of marathon

Schon lange nicht mehr so gelacht. Dabei habe ich so ähnliche Gespräche schon ein paar Mal geführt.

21. Juli 2011

Grosse Dolomitenrunde

Wer rastet der rostet. Gerade mal eine Woche nach dem Ironman Austria war ich ca. 250 Kilometer weiter westlich im Nachbarland Italien schon beim nächsten Rennen am Start.
Neoprenanzug und Laufschuhe konnte ich allerdings zuhause lassen und auch ein Zeitfahrrad wäre hier fehl am Platze gewesen: mit dem Rennrad ging es beim Maratona dles Dolomites wie der Name unschwer vermuten lässt durch die Berge Südtirols. Der Name scheint übrigens nicht wie wir ursprünglich vermutet haben italienisch zu sein, sondern ist wohl Ladinisch - eine romanische Sprache der Region. Der Radmarathon ist mit 138 Kilometern zwar nicht aussergewöhnlich lang, da aber unterwegs knapp 4200 Höhenmeter und 8 Dolomitenpässe zu bewältigen sind, wird das Rennen trotzdem als Marathon bezeichnet - im Radsport gibt es keine so strengen Regelungen bzgl. des Begriffs wie im Laufsport. Dreh- und Angelpunkt ist Alta Badia bzw. genauer gesagt die Orte St. Leonhard (Registrierung und Messe), La Villa (Start) und Corvara (Ziel). Neben der langen Runde werden auch noch 2 kürzere Strecken angeboten. Die Strecke muss man sich als eine querliegende "8" vorstellen. Die erste Schleife ist die bekannte als die Sellaronda und führt von über den Passo Campolongo, Pordoijoch, Sellajoch und Grödnerjoch rund um den Sella Gebirgsblock zurück nach Corvara. Während die kurze Runde jetzt nach 55 Kilometern im Ziel, müssen alle, die eine längere Strecke fahren wollen, ein weiteres Mal über den Passo Campolongo nach Arabba. Dahinter kommt dann die Gabelung für die beiden längeren Strecken. Der Marathon wartet mit dem Passo Giau auf bevor es dann über Passo Falzarego und Passo Valparola zurück nach Corvara geht. Da alle gleichzeitig starten kann man sich unterwegs je nach Verfassung und Laune für eine der Streckenvarianten entscheiden. Die Strecke ist weitgehend für den Autoverkehr gesperrt.

Für mich ging es an diesem Tag um nichts. Ich konnte eine Woche nach dem Ironman von mir nicht zu viel erwarten und wollte in erster Linie Spass haben. Das Wetter spielte mit und war nahezu optimal. Schon an den Tagen vor dem Rennen erkundeten wir auf unseren Rennrädern Teile der Strecke. Nach wochenlangem Training auf dem Zeitfahrrad war der Wechsel auf das Rennrad für mich ein kleiner Weltenunterschied - während das Zeitfahrrad kompromisslos auf Geschwindigkeit getrimmt bocksteif jeden Schlag der Fahrbahn an den Fahrer weitergibt, ist die Sitzposition auf dem Rennrad deutlich gemässigter und das Rad ist wesentlich komfortabler, so wird auch nicht jede Fahrbahnrille direkt nach oben weitergegeben. Start des Rennens war dann Sonntag morgens um 6:30 Uhr. Ich startete mit meinen Kollegen und Freunden aus dem letzten der vier Startblöcke. Wir verloren uns schon im Anfangsgetümmel, bevor wir die Startlinie überrollt hatten. Allerdings war sowieso geplant, dass jeder für sich fuhr. Besonders ich wollte mich nicht unter Druck setzen lassen und locker mitrollen. Das war auch ganz gut so, die ersten Kilometer und Pässe war von hier hinten nicht wirklich daran zu denken ein Rennen zu fahren - zu voll und somit auch zu gefährlich war es. Beim mir rollte es überraschend gut. Ohne grosse Anstrengung kurbelte ich um den gigantischen Sellablock herum. Hinter jeden Passübergang wartete eine gut ausgestattete Verpflegungsstelle, doch ich setze ohne Pause meine Fahrt fort, hatte ich doch selbst genügend für die ersten Kilometer dabei. Erst am Grödnerjoch hatte ich den Eindruck, dass das Getümmel langsam etwas nachliess. Zurück in Corvara die Sellaronda hinter mir hatte ich auch noch immer keine Verpflegung aufgesucht und noch immer kam ich mir nicht sonderlich angestrengt vor.
Den Passo Campolongo ein zweites Mal hochfahrend machte ich etwas mehr Tempo. Vielleicht konnte ich noch meinen einen Kollegen einholen, den ich ähnlich stark einschätze und den ich im Startgetümmel nach vorne verloren hatte? Was ich am Passo noch nicht wusste war, dass ich meinen Kollegen schon längst hinter mir gelassen hatte. Vermutlich hatte er an einer Verpflegung Stopp gemacht und ich war vorbeigerollt. Oben auf dem Passo Campolongo füllte nun aber auch ich die Flaschen auf und genoss erstmals die reichhaltige Verpflegung, Dann nahm ich endlich das Rennen auf. Auf den Abfahrten hatte ich mich inzwischen eingefahren und fuhr nun deutlich sicherer. Im Tal machte ich mit einen anderen Fahrern Tempo und sprang von Gruppe zu Gruppe immer weiter vor. Dann ging es den Passo Giau hoch. Ein paar Vereinskameraden hatte mich vor dem Berg gewarnt und sie hatten recht. War bis hierhin für mich alles noch Spass und eine schöne Sonntagsausfahrt, so verlangte diese Auffahrt nun alles von uns ab. Ohne Verschnaufpause sind hier auf knapp 10 Kilometern 920 Höhenmeter mit einer durchschnittlichen Steigung von 9,4% zu meistern (im Maximum 14%). Und als ob dem nicht genug war, es war auch heisser geworden. Nicht nur ich musste nun kämpfen: war bis hierhin im Feld durch Unterhaltungen oder sogar Telefonate (meist einiger Italiener) immer ein gewisser Geräuschpegel vorhanden, so redete jetzt am Passo Giau fast keiner mehr. Eine endlose Schlange Radfahrer kletterte wortlos die Serpentinen hinauf. Irgendwann überholten mich 2 Krankenwagen. Einer der Fahrer fragte unterwegs den ein oder anderen Radfahrer, ob denn noch alles in Ordnung wäre. Wenige Kehren weiter traf ich den Wagen wieder: ein Radfahrer war abgestiegen und musste sich übergeben. Andere erholten sich im Schatten. Wieder andere füllten ihre Flaschen an einem Brunnen auf. Ich hatte meine Flachen noch ausreichend gefüllt, um bis zum Gipfel zu kommen. Absteigen wollte ich nicht, da es ja immer noch relativ steil war und ausserdem hätten volle Flaschen nur unnötiges Zusatzgewicht bedeutet. Meine Taktik ging auf und ich kam nach endlos scheinendem Kampf auch irgendwann oben an. Dort gönnte ich mir zum zweiten Mal eine Verpflegung und genoss noch etwas das herrliche Dolomitenpanorama. Das "Dach des Marathon" war geschafft, was folgte sollte nur im Gegensatz dazu ein Kinderspiel werden. Die letzten beiden Pässe - eigentlich war es nur noch ein längerer Anstieg - schaffte ich wieder ohne grössere Anstrengung. Unterwegs kam ich mit einem anderen deutschen Radler ins Gespräch, das lenkte auch etwas ab. Die Abfahrt war dann herrlich .. herrlich lang. Verdrängt hatte ich, dass es von der Talsohle in La Villa wieder etwas hoch nach Corvara ging. Morgens war das im grossen Feld und ausgeruht kein Problem, aber nun war es doch anstrengend. Ich suchte mir Mitfahrer und hängte mich in deren Windschatten. Nach rund siebeneinhalb Stunden fuhr ich dann ins Ziel in Corvara - ein landschaftlich schöner und bis dahin gut organisierter, war nun beendet. Spass hat es gemacht! 

Die gute Orga war im Zielort leider auch beendet: im Zielareal herrschte nur noch Chaos. Ich hätte mir gerne noch etwas zu essen geholt, aber bei dem hier herrschenden Chaos machte ich mich lieber hungrig auf den Heimweg. Das war leider nicht so einfach, weil die Strasse zurück zum Appartment immer noch durch den Radmarathon gesperrt war. Die letzten Kilometer führten mich dann wieder aufwärts gen Passo Valparolo. Zu meiner Überraschung waren inzwischen offenbar dort einige Strassen für den Strassenverkehr geöffnet worden. Wo ich noch vor kurzem im Affenzahn runtergeheizt war, mussten sie die Radler nun an und zwischen Autos vorbeischlängeln - sie taten mir leid. Hätte ich mehr Stopps an Verpflegungsstellen gemacht, müsste ich jetzt auch hier durch. Diese Nachwettkampferlebnisse waren dann aber auch die einzigen Wehrmutstropfen. Eine schöne Veranstaltung, die ich gerne mal irgendwann mitmachen würde, falls ich wieder einen den begehrten Startplätze ergattern sollte.

17. Juli 2011

Smile when it hurts

Mein Sommerironman ist Geschichte - und wieder hat es grossen Spass gemacht. Dieses Jahr habe ich die Sache nicht ganz so ehrgeizig wie in den Vorjahren gesehen, was man schon an meiner unkonventionellen Vorbereitung mit u.a. 2 Ultraläufen in der Vorbereitung sehen kann. Das Risiko war schon da auf den Tag genau nicht mehr ganz fit zu sein, allerdings habe ich inzwischen genügend Erfahrung im Ausdauersport gesammelt, um zu wissen wie ich Be- und Entlastung ausbalancieren muss, um immer noch eine gute Leistung abzuliefern. Gleichzeitig war das ein interessantes Experiment, stellte doch gerade der Lauf im Mai eine schöne, lange Trainingseinheit dar. Wichtig war für mich dieses Jahr in erster Linie die Motivation, sowohl in der Vorbereitung wie auch beim Ironman. Den Lauf am Rennsteig wollte ich schon lange mal machen. Hatte ich ihn mir bisher immer zugunsten der Langdistanz im Sommer verkniffen, so sollte es dieses Jahr einfach mal sein. Und den Ironman in Klagenfurt wollte ich auch schon länger mal machen, allerdings bedeutet eine neue, unbekannte Strecke natürlich auch ein gewisses Risiko, wenn man auf schnelle Zeiten aus ist. Um das vorweg zu nehmen: mein Experiment ist gelungen - mit viel Spass hat es trotz des ungewöhnlichen Vorbereitungsprogramms sogar zu zwei neuen persönlichen Bestzeiten gereicht.

Die Anreise nach Klagenfurt gestaltete sich etwas schwierig. Zuerst standen wir längere Zeit vor dem Tauerntunnel, bevor die 2te Tunnelröhre offiziell eröffnet worden war. Wir durften dann nach ca. 45 Wartezeit als eines der ersten Fahrzeuge in den neueröffneten Tunnel einfahren. Den lauten Knall bei Tunneleinfahrt konnten wir nicht so richtig deuten, doch einige Kilometer später stellten wir fest, dass wir einen platten Reifen hatten. Also mal kurz den Reifen gewechselt, Hauptsache keine Probleme beim Rennen, und irgendwann kamen wir dann auch am Wörther See an. Ich konnte sogar noch die Startunterlagen abholen. An den Folgetagen schauten wir uns die Strecken an. Schwimmen im Wörther See war ein Traum: das Wasser machte einen sehr sauberen Eindruck und war wohl temperiert - vermutlich hätte man auch ohne Neoprenanzug schwimmen können. Um den See herum ein schönes Panorama aus Bergen, viel Natur, herrschaftlichen Gebäuden und Schlössern. Morgens bekam man auch als Athlet auch draussen auf dem See auf einem Boot des Ironman-Veranstalters einen kleinen Espresso. Die Radstrecke stellte sich als deutlich hügeliger heraus, als wir erwartet hatten. Richtig flache Abschnitte gibt es selten, es gilt sich die Körner gut einzuteilen. Dafür wird einem aber auch ein schöner Panorama-Mix aus Seen- und Bergpanoramen sowie einigen ländlichen Abschnitten geboten. Für mich persönlich ist es eine der schönsten Ironman-Radstrecken, die ich bisher gefahren bin. Die Laufstrecke schauten wir uns nicht mehr direkt an, allerdings lernte ich die innerstädtischen Abschnitte etwas auf meinen abendlichen Trainingsläufen kennen. Die Organisation rund um die Veranstaltung wirkte sehr professionell, allerdings stellt es auch für viele Athleten eine gewisse logistische Herausforderung dar, da sich fast alles rund um das Strandbad am See abspielte, viele Athleten aber eher weiter weg in einem der Klagenfurter Hotels im Zentrum oder in einer Herberge im Umland untergebracht waren; ein Auto vor Ort war also auf jeden Fall hilfreich und einen Parkplatz zu finden war auch nicht immer ganz einfach.

Raceday. Mein Hotel hatte sich gut auf die Athleten eingestellt und bot morgens um 4:30 Uhr alles was das Athletenherz begehrt. Danach nochmal das Rad in der Wechselzone durchgecheckt und dann ging es schon gen Seeufer. Im Zelt für die Umkleide sorgten die hektischen Durchsagen bei mir für eine gewisse Nervosität, deshalb beeilte ich mich, dass ich schnell raus zum See kam. Der Einstieg in den See erfolgte auf dem Sand im Strandbad - recht und links von uns zwei lange Stege in den See hinaus voll besetzt mit Zuschauern, Fotografen, anderen Medienvertretern und Offiziellen.

Wörther See
Das Schwimmen sollte mit einem Wasserstart beginnen. Tatsächlich wurden die Agegrouper aber so spät erst ins Wasser gelassen, dass man vom Schwimmen an die Startlinie direkt ohne Pause ins Wettkampftempo übergehen konnte. Eigentlich sehr angenehm, so war das Gedrängel zu Beginn nicht ganz so schlimm. Das Startsignal nahm ich leider nicht wahr, aber ich merkte es an der Reaktion der anderen Schwimmer, dass es wohl los ging. Leider war ich zu dem Zeitpunkt noch nicht so weit vorne an der Startlinie wie es eigentlich angebracht gewesen wäre. Bis zur ersten Boje lief es ganz gut. Dahinter wurde es etwas schwieriger mit der Orientierung, die zweite Boje konnte man nur schlecht sehen was wohl bei einigen Leuten dazu führte, dass sie zu weit nach links schwammen. Da ich am linken Rand des Feldes schwamm, war ich automatisch mit betroffen. So kam es dann auch, dass mir zwischendurch eine der Kampfrichterinnen mit ihrem Kajak in den Weg fuhr, um mich wieder etwas mehr in Richtung der zweiten Boje zu bringen. Nach dieser wurde es mit der Orientierung noch schwieriger. Es ging nun zurück zum Ufer und die noch tiefliegende Sonne schien uns direkt ins Gesicht. Ich orientierte mich an den Schwimmern vor mir. Nach 2900 Metern kamen wir dann zum Kanal. Trotz der kleineren Orientierungsschwierigkeiten hatte ich das Gefühl sehr gut geschwommen und auf persönlichem Rekordkurs zu sein. Mit zunehmender Dauer des Schwimmens hatte ich den Eindruck immer mehr Positionen gut zu machen. Auf den Abschnitt im Kanal hatte ich mich besonders gefreut, versprach er doch nahen Kontakt zum Publikum und somit gute Stimmung. Doch anstattdessen folgte der grosse Frust. Schwimmen war hier nicht mehr wirklich möglich. Das breit gezogene Feld wurde hier eng zusammengestaucht. Ein Ausweichen nach rechts oder links war genauso wenig möglich wie eine Tempoverschärfung mit einem Ausbrechen nach vorne. Ich kam mir vor wie beim Flussaufwärtsspringen der Wildlachse in Kanada oder im Karpenteich. Einige Male bekam ich Schläge ab, merkte aber auch gleichzeitig, wenn jemand meinen Fuss abbekam. Wenn ich Schwimmflügel gehabt hätte, hätte ich die Schwimmbewegungen auch einstellen können und mich mit de Masse treiben lassen können, denn nicht viel anderes machte ich jetzt auch. Ich fragte mich, wozu man eigentlich die ganze Zeit Schwimmen trainieren sollte, wenn das hier sowieso nicht durchgehend möglich war und man durch so ein Chaos von einer guten Schwimmzeit abgehalten wurde. Nach 1:06 Std. kam ich aus dem Wasser - ziemlich gefrustet, aber zumindest froh dieses Chaos hinter mir zu haben; selbst den sonst üblichen Blick zurück sparte ich mir. Den Frust musste ich erstmal verdauen und liess mir in der Wechselzone etwas mehr Zeit als geplant - ich wollte mich auf Disziplin zwei Konzentrieren, denn die würde heute sicher für mich am anstrengendsten sein.

Zu Beginn der Radstrecke hielt ich mich zurück. Meine Strategie war eine vorsichtig aber doch zügige gefahrene Runde 1 und dann auf Runde 2 Tempo zu machen. Das Rennen in Österreich ist auch dafür bekannt, dass es hier immer wieder grössere Gruppen geben soll, die illegalerweise gemeinsam über die Strecke fahren. Darauf wollte ich mich nicht einlassen, weil das nicht meine Auffassung vom Sport ist und auch eine Zeitstrafe wollte ich auf jeden Fall vermeiden. Runde 1 machte Spass - es lief nicht schlecht und die Gruppenfahrerei der anderen hielt sich nicht zuletzt aufgrund der Kampfrichterpräsenz in Grenzen. Nur an den steileren Anstiegen hatte ich irgendwie das Gefühl mit schwer zu tun und hätte gerne noch ein Kettenritzel zum Schalten gehabt. Vielleicht hätte ich mir doch eine neue Schaltung oder ein neues Rad leisten sollen, mit meinem 9fach Kettenblatt hinten hatten sie mich schon letztes Jahr in Lanzarote komisch angeschaut, wo einige doch schon mit 11fach unterwegs sind. Doch in Annahme, die Radstrecke wäre relativ flach, sparte ich mir diese Neuanschaffung. Trotzdem verlief meine erste Radrunde soweit nach Plan. Selbst die beiden grösseren Anstiege kam ich noch relativ gut hoch. Zu Beginn der zweiten Runde fing dann mein Magen an zu rumoren. Das zog meine Motivation und folglich auch meine Leistung erstmal in den Keller, noch zu präsent waren meine Probleme bei den letzten beiden Langdistanzen. Ich versuchte Ruhe zu bewahren und so gut es eben ging der Situation Herr zu werden. Die Magenprobleme bekam ich dann auch relativ schnell wieder in den Griff, nur meine Leistung wollte nicht mehr zurück auf das Niveau von Runde 1. Am ersten der beiden grösseren Anstiege am Faaker See hatte ich grosse Probleme die Kurbel rum und die Strasse hoch zu kommen. Das einzig aufbauende war in diesem Moment, dass es den anderen um mich herum offensichtlich ähnlich erging. Auf der Abfahrt versuchte ich mich so gut es ging mit Essen und Trinken zu versorgen und bereitete mich innerlich auf ein kleines Debakel am letzten Rupertiberg vor: in Gedanken baute sich vor mir ein nahezu unüberwindbarer Berg auf. Der Weg dorthin zog sich - ich hatte zugegebenermassen etwas Furcht vor dem Scheitern an dem Berg, aber ich wollte nun auch den Kampf aufnehmen und dieses Monster besiegen. Nach viel zu vielen Hügeln türmte sich das Ungetüm dann vor mir auf. Wie an einer Perlenkette aufgereiht krabbelten die Radfahrer sehr langsam am Fusse des Anstiegs empor und verschwanden dann nach Kurzem im Wald. Ich kämpfte, versuchte so effizient wie möglich zu treten, um nicht zusätzliche Kraft zu verschwenden - kleinster Gang. Möglichst gerader Weg - keine Umwege oder unnötigen Schlänker. Und nur nicht zu langsam werden, denn dann schmerzt jede Umdrehung nochmal mehr. Ich wusste, dass es hinter dem Gipfel grösstenteils nur noch bergab ging, also Zähne zusammenbeissen - ausruhen kann man danach. Irgendwie schaffte ich es, das Monster hatte mich nicht besiegt! Eigentlich ein Witz, woanders hätte mich dieser Anstieg kaum gestört, doch heute auf Runde 2 war sie ein echter Scharfrichter. Jetzt ging es gen Klagenfurt und zweiter Wechselzone. Offenbar war ich immer noch frischer als einige meiner Begleiter. Denn inzwischen hatte sich eine kleine Gruppe zusammen gefunden, die nun doch halbwegs regelkonform nahe beinander fuhr. Ich hatte den Eindruck, dass ich einer von wenigen in der Gruppe war, der noch mit mehr Druck fahren konnte, so landete ich häufiger nach Überholmanöver vorne und bestimmte die Pace. Ich hatte auch keine Lust in der Gruppe zu fahren, zu gross war die Gefahr dann wegen eines kurzzeitigen Regelverstosses eine Strafe zu bekommen. Die Kampfrichter kontrollierten allerdings zu diesem Zeitpunkt längst mehr so scharf wie zur Mitte des Rennens. Das war zwar auf der einen Seite ganz ok, da es hier um Feld sowieso nicht mehr um viel ging, allerdings hätte man sich bei groben Verstössen und grösseren Gruppen da doch noch ein etwas strengeres Durchgreifen gewünscht. Wie dem auch sei: nach einer frustrierenden ersten- und einer etwas ernüchternden zweiten Disziplin kam ich etwas desillusioniert in Wechselzone 2 an. Meine Radzeit war immer noch eine meiner besseren Langdistanz-Radzeiten, doch die Art und Weise wie ich in der zweiten Runde kämpfen musste, liess für den abschliessenden Marathon nichts Gutes erhoffen. Ich war eigentlich am Ende und konnte mir nicht vorstellen noch einen halbwegs akzeptablen Lauf abzuliefern. Dabei hatte ich mir gerade für die letzte Disziplin viel vorgenommen und wollte endlich mal eine Zeit abliefern, mit der ich auch mal zufrieden sein konnte. Ich kann mich noch gut dran erinnern wir mir meine letztjährige Trainerin Katja auf den Kopf zugesagt hatte, dass ich bei meinem bis dato schnellsten Langdistanz-Marathon sicher zu vorsichtig gelaufen war und da eigentlich mehr drin wäre. Der 2te Wechsel stand unter keinem so guten Stern. Schon vor dem Balken zum Absteigen hatte ich meine Schuhe ausgezogen. Als ich dann barfuss auf den Boden sprang und losrannte, hörte ich plötzlich hinter mir einen Ruf - einer meiner Radschuhe hatte sich vom Pedal gelöst und war runtergefallen. Also kurz zurück und dann weiter zum eigentlichen Wechsel. Der klappte dann eigentlich recht gut doch irgendwie verpasste ich die Zone zur Abgabe des Wechselbeutels. Ich hatte die irrige Annahme, der Beutel müsste am Rad abgelegt werden. Als ich den Fehler bemerkte, war es schon zu viel spät. Also lief ich zurück, um meinen Beutel doch noch los zu werden. Dann ging es endlich auf die Laufstrecke.

Klagenfurter Stadtzentrum
Ich hatte eigentlich nichts mehr zu verlieren und dann waren eben noch meine anderen ehrgeizigen Ziele für die letzte Disziplin, so ging ich den Marathon viel schneller an als bei allen meinen anderen bisherigen Langdistanzen. Ich würde so sicher irgendwann "platzen", aber das war mir egal - lieber mit Pauken und Trompeten untergehen und gekämpft haben als 3 deprimierende Einzelergebnisse. Der erste Teil der Strecke führte am nördlichen Seeufer entlang nach Krumpendorf. Nach und nach sammelte ich mit meinem Tempo den ein oder anderen Athleten ein, der bei der Disziplin noch locker an mir vorbeigekurbelt war. Bei Kilometer 6,5 war das äussere Ende erreicht und es ging wieder zurück gen Klagenfurt. Noch immer lief ich überraschend gut und konstant. Ich fing kurz an zu zweifeln, ob ich nicht vielleicht doch etwas Tempo rausnehmen sollte. So langsam merkte ich auch die Hitze. Da sah ich vor mir einen Satz auf den Asphalt geschrieben, der mich schmunzeln liess aber gleichzeitig auch anspornte weiterzumachen, meinen Zweifeln und dem inneren Schweinehund nicht nachzugeben: "Smile when it hurts". Wer auch immer das dort hingeschrieben hatte, der kannte sich aus und wusste genau was er da schrieb. Ich grinste und machte weiter Tempo. Zurück am Strandbad und im Europapark brachten mich die Kurven und Unterführungen kurzzeitig aus meinem Rhythmus. Doch schon am Lendkanal fand ich zu alter Stärke zurück. Der Weg war grösstenteils im Schatten, was uns natürlich etwas entgegen kam. Der Lauf machte mir sichtlich Laune und sammelte immer mehr Leute ein. Ich setzte mir kleine Zwischenziele bis wohin ich auf jeden Fall das Tempo aufrecht erhalten wollte. Im Klagenfurter Zentrum wurde der Kurs dann etwas winklig und unruhig. Nun fing auch mein Knie an zu schmerzen. Am Lindwurm, dem Wahrzeichen vom Klagenfurt, angekommen fuhr mir ein stechender Schmerz ins Knie. Musste das denn jetzt sein? Es war doch bisher so gut gelaufen .. . Ich musste kurz humpeln. Der zweite Wendepunkt war geschafft und es war nicht mehr weit zur Halbmarathonmarke. Ich machte, was ich die letzten Kilometer auch gemacht hatte: ich machte eine gute Miene und kämpfte. Zurück am Kanal waren die Schmerzen soweit zurückgegangen, dass ich fast wieder meine alte Geschwindigkeit laufen konnte. Allerdings lief ich mit aller der Hitze und den Schmerzen in einen mentalen Tunnel hinein und nahm nicht mehr so viel von meiner Umgebung war. Erst zu Halbmarathonmarke wachte ich wieder etwas auf, sie war auch eine erste echte Orientierung für mich wie ich unterwegs war. Die Zeit war zwar wie vermutet viel besser als bei allen meinen bisherigen Langdistanz-Marathons, doch leider war sie nicht ganz so gut wie erhofft. Ausserdem würde der zweite Teil sicher nicht viel einfacher werden. Kurz war ich etwas enttäuscht, aber ich versuchte das Gefühl schnell wieder zu verdrängen, denn schliesslich lagen noch 21 Kilometer vor mir. Inzwischen war den meisten Athleten die Anstrengung sichtlich anzusehen. Einige standen oder gingen. Stehenbleiben das war klar, war für mich heute kein Thema und auch an den Verpflegungsstellen versuchte ich so gut es ging zu laufen. Doch nicht immer gelang mir das. Die Kühlung und die Flüssigkeitsaufnahme waren letztendlich auch sehr wichtig. Überhaupt ging es meinem Magen im Vergleich zu den letzten beiden Ironman in Lanzarote und Cozumel recht gut - offenbar hatte ich dieses Jahr einiges besser gemacht und vertrug auch das Gereichte besser. In Krumpendorf kam ich wieder an oben erwähnten Asphaltschriftzug vorbei: mein Lächeln war jetzt nur noch gequält, aber die positive Einstellung half mir weiter zu laufen. Ich musste an Chrissie Wellingtion und Natascha Badmann denken, die ebenfalls ihre Langdistanz-Marathons meist freudestrahlend liefen. Als ich dann wieder zurück am Europapark war, tat es mir fast leid, denn nun war der schöne Abschnitt am See vorbei und ich würde ihn bis zum Ziel nicht wieder sehen. Die Boxen am LKW mit der Eigenverpflegung dröhnten mir indes brutal laut in die Ohren: Stimmung hin oder her, aber das war vielleicht doch etwas übertrieben. Vielleicht war ich in meiner aktuellen Verfassung auch etwas empfindlich geworden. Die Helfer hier taten mir aber fast ein bisschen leid, weil sie stundenlang bei diesem ohrenbetäubenden Lärm arbeiten mussten. Ich war froh, dass ich hier keine Verpflegung deponiert hatte, es immer noch so gut lief und ich hier schnell vorbeilaufen konnte. Als ich am Lendkanal angekommen war, hatte ich mein kleines mentales Tief überstanden und fand langsam wieder zu mir selbst zurück. Mein Tempo war immer noch gut. Schritt um Schritt näherte ich mich dem letzten Wendepunkt am Lindwurm, Schritt um Schritt kam ich dem Ziel näher. So langsam glaubte ich daran, dass ich ohne Einbruch durchlaufen konnte; der Mann mit dem Hammer hatte heute frei. Ich war mir auch recht sicher, dass das heute ein neuer persönlicher Rekord für die letzte Disziplin werden würde; die Frage war nur noch wie gut die Zeit werden würde. Vielleicht könnte ich sogar schneller laufen als bei meinen ersten Solo-Marathonläufen? Ich weigerte mich auf meine Gesamtzeit zu schauen und konzentrierte mich vollends auf das Laufen: der Marathonrekord war gut, ich wollte mich nicht über eine Gesamtzeit ärgern und mental wieder unterziehen, nur weil ich die Gesamtzeit schon vor dem Marathon versaut hatte. Die Schleife durch das Klagenfurter Zentrum mit ihren Kurven nervte nochmal ein bisschen. Es war voll geworden und man musste aufpassen, dass man nicht mit anderen Läufern zusammenstiess. Dann die vielen Kurven, Bordsteine und Wellen. Als ich aus dem Zentrum wieder raus war, war mir endgültig klar, dass ich meine Marathonbestzeit erreichen würde. Noch einmal achtete ich auf eine ausreichende Verpflegung, weil ich das letzte Stück konstant durchlaufen wollte, deshalb nahm ich kurz etwas raus. Dann ging es auf die letzten Kilometer zurück zum See. Mich überholte kurz nach der Verpflegung eine andere Athletin: stark lief sie und stilistisch schön - wenn ich nur auch noch so locker laufen könnte! Ich wäre gerne drangeblieben, aber das Tempo war zu hoch und irgendwie fehlte gegen Ende nun auch der Antrieb, da ich mein persönoiches Ziel mit der Bestzeit erreicht hatte und es sonst nichts mehr zu gewinnen gab. So langsam entschwand sie vor mir. Ich versuchte mein Tempo zu halten. Ein ganzes Stückchen weiter an der nächsten Verpflegung, überholte ich sie dann doch wieder. Im Gegensatz zu mir ging sie und versuchte sich zu erholen. Zirka 500 Meter später rannte sie dann wieder ähnlich schnell wie zuvor an mir vorbei. Es ging noch einmal durch eine Unterführung und da waren wir schon im Europapark, nur noch 2 Kilometer bis zum Ziel. Wieder enteilte sie mir, ich konnte oder wollte ihr Tempo wieder nicht mitgehen. Doch wenig später sah ich sie abermals am Rand stehen, offenbar musste sie nun selbst ihrem Tempo Tribut zollen. Als ich sie passierte warf ich ihr ein paar aufmunternde Worte zu, dann konzentrierte ich mich wieder meinen eigenen Lauf. Jetzt bloss nicht mehr umknicken oder mit einem der entgegen kommenden Athleten zusammenstossen. So langsam konnte ich mich auf den Zieleinlauf vorbereiten: Mütze gerichtet, Trikot gerade gezogen. Ich kam an die letzzte Weiche und bog ab zum Triathlonstadion. Der Weg dorthin - ein paar hundert Meter - sahen weiter aus als ich es mir vorgestellt hatte, doch ich flog geradezu dahin. Noch eine Linkskurve dann ging es durch das grosse Tor mit der riesigen Leinwand in den Zielkanal. Die Tribünen waren voll besetzt, ich hörte den Sprecher wie er Athleten ankündigte, die Stimmung im Publikum hätte allerdings etwas besser sein können. Also riess ich die Arme in die Höhe und gab dem Publikum zu verstehen, dass ich sie hören wollte. Es funktionierte, lauter Applaus und Rufen - selbst der Sprecher sprang darauf an und forderte das Publikum seinerseits auf zu reagieren. Dann ging es die kleine Rampe zum Zieltor hinauf: oben konnte ich meine Gesamtzeit sehen - neue Bestzeit auch gesamt - dass ich das noch geschafft habe - der Hammer!

Rückblickend betrachtet bin ich mit dem Triathlon trotz aller Probleme gerade zu Beginn relativ zufrieden. Natürlich lief bis zum abschliessenden Marathon alles eher durchwachsen, aber letztendlich legte ich mit den erreichten Zeiten in den ersten Disziplinen die Grundlage dafür, dass eine neue persönliche Bestzeit noch möglich war. Der Marathon war sicher nicht superschnell, doch es war mit Abstand der schnellste Marathon, den ich je bei einer Langdistanz gelaufen war und er war schneller als meine ersten reinen Marathonläufe. Die Zeit und das Tempo fand ich gar nicht das Entscheidende. Viel wichtiger fand ich die Art und Weise wie den Marathon gelaufen war, obwohl ich mich nach dem Radfahren physisch und psychisch schon am Ende sah. So zeigte ich mir selbst wie so ein Ironman-Marathon zu laufen war und was da trotz eines harten Radfahrens noch möglich ist, wenn man es nur wirklich will. Ich blendete die beiden vorigen Disziplinen aus und lief ohne meine sonst übliche Zurückhaltung einen vom Anfang bis ins Ziel nahezu konstanten Marathon. Das macht Mut für die Zukunft. Bei allen Disziplinen - auch beim Marathon - würde ich behaupten, dass da noch etwas mehr drin wäre, wenn es um etwas mehr ginge.

Zu der Veranstaltung an sich muss man sagen, dass sie sehr gut und professionell durchorganisiert ist. Orgateam wie auch Helfer merkt man ihre grosse Motivation an (DANKE!) und alle 3 Wettkampfstrecken gehören zu den schönsten, die man in Europa finden kann. Die Stimmung kommt zwar nicht ganz an die anderer Rennen heran, aber auch hier versteht man sich und die Athleten gut zu feiern. Der einzige wirklich negative Punkt, den es meiner Ansicht nach zu verbessern gibt, sind die Streckenmarkierungen beim Schwimmen und das Gedränge im Kanal. Mit etwas auffälligeren Bojen und einem Start mit mehreren Startgruppen, könnte man diese Kritikpunkte beheben. Vielleicht fällt dem Veranstalter auch noch etwas anderes ein. Notfalls muss man auch über eine andere Wechselzone nachdenken, selbst wenn dann der durchaus interessante Abschnitt im Kanal entfallen würde. Trotz allem muss ich sagen, dass es mir summa summarum viel Spass gemacht hat und ich mir gut vorstellen kann mal wieder in Klagenfurt zu starten.

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