17. Juli 2013

Triathlon mal anders - als Guide und Coach

Es ist Sonntag der 7.7. 2013 kurz vor 7. Meine Besucher schlafen noch tief und fest, mich zieht’s aus den Federn – ein Wettkampf ruft! Doch diesmal bin ich recht entspannt. Heute wird keiner auf mein Ergebnis schauen, auch wird mich keiner in einer Ergebnisliste finden. Heute bin ich als Guide und Coach mit dem Heartracer-Team unterwegs und werde meinen sehbehinderten Schützling Yussuf bei seinem ersten Triathlon tatkräftig unterstützen. Vor 2 Monaten haben wir uns zum ersten Mal getroffen und seither immer mal wieder gemeinsam trainiert. Wenn ich es aus zeitlichen Gründen selbst mal nicht zum Training geschafft habe, konnte mein Kollege Jürgen aushelfen. Jürgen und Katja haben mich damals motiviert mitzumachen und mit Jürgen teile ich mir nun unseren Schützling: Jürgen übernimmt das Radfahren auf dem Tandem, ich bin dann der Guide beim Laufen; schwimmen muss unser Triathlon-Rookie im Feld nicht behinderter Kinder aber erst noch selbst. “Inklusion“ nennt man den pädagogischen Ansatz, mit dem die gehandicapten Kinder in die Welt der anderen integriert werden. Gegen 8 Uhr treffe ich am Schwimmbad in Mannheim Rheinau ein. Jürgen und unser Schützling Yussuf sind schon da. Letzterer lamentiert etwas über die Farben seinen neuen Triathloneinteilers – am Ende des Tages wird er ihn kaum mehr ausziehen wollen. Wir gehen mit ihm nochmal die Wechselzone ab und geben ihm letzte Tipps. Eigentlich ist Yussuf für sein grossen Sprüche bekannt, doch so langsam wird er kleinlaut und wirkt von dem was er sich da vorgenommen hat etwas eingeschüchtert. Nach der Wettkampfbesprechung trennen wir uns und ich gehe ans andere Ende des Beckens. Er sieht zumindest so viel, dass ich für ihn dort einen Orientierungspunkt darstelle. Von Gegenüber kann ich sehen wie er kurz ins Wasser springt, aber fast ebenso schnell wieder draussen ist – ist ihm wohl etwas zu kalt. Dann der Start. Schnell zeichnet sich ab, dass er es in diesem Klassefeld heute schwer haben wird: während die meisten Kinder kraulen, kann er nur langsam Brust schwimmen. Als der letzte andere Schwimmer das Becken verlässt, hat Yussuf noch 2 ganze Bahnen vor sich. Als er dann aus dem Wasser kommt, müssen wir ihn erst mal stützen, damit er nicht das Gleichgewicht verliert. Als wir zur Wechselzone laufen, kommt Stimmung ins Publikum, das gemerkt hat, dass hier ein sehbehinderter bei seinem ersten Triathlon unterwegs ist. Beim Wechsel haben wir die volle Aufmerksamkeit: das Anziehen der Socken wird vom Streckensprecher im Detail über die Lautsprecher kommentiert. Dann stürmen Jürgen und Yussuf mit ihrem Tandem raus auf die Radstrecke. Ihren Parforceritt kann ich vom Wendepunkt aus beobachten: super wie sie kämpfen, durch die enge Kurve flitzen und sich sukzessive an das Feld wieder heranarbeiten! Als sie nach der 3. Runde wieder in der Wechselzone ankommen, haben sie tatsächlich wieder an das Feld aufgeschlossen. Während Jürgen in der Wechselzone zurückbleibt, übernehme ich Yussuf nun und stürme mit ihm raus auf die Laufstrecke am Rheinauer See. Wir sind deutlich schneller unterwegs als in den letzten Trainings, aber Yussuf hat im Gegensatz zu den ersten Trainings in den letzten 2 Monaten gelernt sich seine Kräfte besser einzuteilen, so wird er es heute relativ konstant durchlaufen können. Er kann so gut sehen, dass wir ohne direkte Verbindung unterwegs sind. Lediglich in engen Kurven muss ich gelegentlich eingreifen und ihm die Richtung weisen, da er die Markierungen am Boden nicht genau erkennen kann. Die vorletzte Position können wir behaupten, nach weiter vorne ist leider nichts mehr möglich. Vor dem Ziel empfängt uns Jürgen und wir laufen gemeinsam ins Ziel. Kaum angekommen, darf Yussuf sein erstes Interview geben. Mit strahlender Miene und stolzer Brust erzählt er von seinem Abenteuer - seinem ersten Triathlon. Einige seiner jüngeren Schulkameraden hören aufmerksam zu, sie haben ihr Abenteuer auf etwas kürzeren Strecken noch vor sich. Auch Jürgen und ich freuen uns: unsere Mission war erfolgreich, wir haben unseren Schützling ins Ziel gebracht - selten hat ein vorletzter Platz so viel Spass gemacht! Gegen 11 Uhr bin ich wieder zuhause. Meine Besucher konnten in Ruhe ausschlafen und freuen sich, dass sie heute mehr von mir haben als an den sonst üblichen Wettkampftagen. 

An diesem Punkt nochmal ein grosser Dank an Katja Schumacher und das ganze Heartracer-Team für deren Engagement, sowie die Organisatoren und Helfer des Kindertriathlons in Mannheim Rheinau, die den Start der behinderten Kinder überhaupt erst möglich gemacht haben! Die Aktion wird sicher ihre Fortsetzung erfahren, spätestens beim Heidelberger „Ironkids“-Triathlon im Herbst. Es wäre toll, wenn sich noch der ein oder andere finden würde, der zukünftig auch mal als Guide eines der sehbehinderten Kinder begleiten würde.

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