15. Februar 2012

Von der Vierburgenstadt nach Heidelberg

Der Winter 2012 ist wirklich ungewöhnlich: war bis in den Januar von einem klassischen Winter in unseren Breitengraden noch keine Spur, so bibberte zuletzt halb Europa unter Rekordminusgraden. Auch die Schneemengen in den Alpen sind derzeit rekordverdächtig. Hier im Rhein-Neckar-Dreieck findet man indes nicht einmal in den Höhenlagen nennenswerte Schneemengen. Nachdem ich zuletzt sehr viel gelaufen bin, wollte ich am vorletztes Wochenende eigentlich mal wieder Radfahren gehen, doch bei morgendlichen Temperaturen von -12°C und noch weniger war es mir dafür etwas zu kalt und ich entschloss mich doch mal wieder laufen zu gehen.
Vierburgenstadt Neckarsteinach
Mein neues Saisonhighlight den Transalpine im Kopf fiel mir eine Strecke ein, die ich mir vor einiger Zeit mal zusammengebastelt und auf mein GPS hochgeladen hatte: die Einfachstrecke von der Vierburgenstadt Neckarsteinach im Neckartal bis nach Heidelberg. So nutze ich am Sonntag dann das herrliche Wetter und machte mich auf den Weg ins Neckartal. Als ich vor die Tür trat der erste Schock .. *brrrr* war das kalt!!! In der Eiseskälte brauchte meine Uhr dann auch noch ungewöhnlich lange, bis sie das Satellitensignal gefunden hatte. Als ich dann endlich loslief, hatte ich gerade noch 10 Minuten Zeit für eine Strecke von über 2 Kilometern bis der Zug am Bahnhof abfuhr. Das fing ja toll an! Es war eisig und der kalte Wind schmerzte besonders im Gesicht. Auf die Sekunde genau kam ich am Bahnhof an - der Rest des Tages konnte ich nun defintiv entspannter angehen. Das am Nordufer des Neckar in einer Flussscheife gelegene Neckarsteinach ist vor allem wegen seiner vier Burgen bekannt. Sie stammen aus der Zeit zwischen 1100 und 1230, trohnen oberhalb des Ortes am Hang und sind von weithin sichtbar. Von zwei der Burgen sind heute nur noch Ruinen übrig, die allerdings frei besichtigt werden können. Von dort oben hat man ein tollen Blick in das Neckartal. Meine Route führte mich heute allerdings woanders hin.

Ich überquerte am Bahnhof der Vierburgenstadt noch gehend die Hauptstrasse ins Neckartal, dann trabte ich langsam gen Neckar. Nach kurzer Zeit kam ich am Stauwehr an und überquerte hier den Fluss. Wer eine Kamera dabei hat, sollte hier nochmal ein paar schöne Bilder mit Fluss, Stadt und Burgen machen. Das Wasser des Flusses dampfte in der kalten Luft, durch die Schwaden schimmerten die Spiegelungen der aufgehenden Morgensonne hinauf auf das Wehr. Am anderen Ufer angekommen führte mich mein Weg ohne Umweg gleich den Berg hinauf. Ein schmaler Pfad windet sich hier am steilen Hang um den Berg herum gen Gipfel. Vom Ort war bald nicht mehr viel zu sehen - zu dicht war auch zu dieser Jahreszeit noch das Blätterdach. Ein Vorteil war heute, dass ich im Wald vor dem kalten Wind geschützt war.
Blick auf die Bergfeste Dilsberg
Immer steiler schraubte sich der Weg in kurzen Serpentinen nach oben bis ich schliesslich bei meinem ersten Zwischenziel, der Bergfeste Dilsberg, am Gipfel ankam. Die Bergfeste wurde zwischen 1150 und 1200 erbaut. Heute gehört sie als Stadtteil zum Ort Neckargemünd. Sie liegt auf fast 300.u.NN und zählte im Dreißigjährigen Krieg zu einer der am meisten umkämpften Festungsanlagen, dabei wurde sie nie militärisch erobert oder zerstört. Festungsanlage und Altstadt sind absolut sehenswert.
Neckartalpanorama
Da ich beides aber schon kannte, führte mich mein Weg ein Stück um die Stadtmauer herum, bevor es am anderen Ende des Gipfels dann auf einem asphaltierten Weg hinunter ins Tal geht. Hier bietet sich eine tolle Fernsicht ins Neckartal auf einen Teil von Neckargemünd und die dahinter liegenden Berge Neckarriedkopf und Auerhahnenkopf. Im Tal läuft man kurze Zeit auf dem Mühlweg an einen lieblichen Bach entlang und kommt dabei auch an dem alten Fachweghaus der Lochmühle vorbei.
Lochmühle am Fuss des Dilsberg
Der alte Brunnen vor dem Haus dient im Sommer sicher so manchem Wanderer zur Erfrischung - heute war er komplett zugefroren. Man ist noch nicht unten angekommen, dann macht der Weg schon wieder kehrt und führt wieder bergwärts in den nächsten Wald hinein. Von den Wegen auf diesem Anstieg bieten sich immer wieder tolle Ausblick zurück auf die Feste Dilsberg. Oben kommt man dann auf einen breiteren, gut ausgebauten Fahrweg, der einen ohne grosse Umwege wieder zurück in das nächste Tal führt. Am Talgrund sieht man die südlichen Ausläufer von Neckargemünd liegen. Wenn man mal in Neckargemünd ist, dann lohnt ein Ausflug in die Altstadt mit ihren kleinen Gassen und Fachwerkhäusern. Mein Ziel bei der Routenplanung war es allerdings den Ortschaften und ihrem Verkehr möglichst aus dem Wege zu gehen. Deshalb überquerte ich lediglich südlich vom Ort die Strasse nach Wiesenbach. Nun stand mit dem Neckargemünder Hausberg Hollmuth nur ein kleineres Hinderniss zwischen mir und dem nächsten Tal. Einst floß der Neckar in einer Flußschlinge um diesen kleinen Berg herum bis er weiter nördlich beim heutigen Ort später den Durchbruch schaffte.
Im Naturschutzgebiet
Der Berg stellt kein grosses Hinderniss dar. Man taucht immer tiefer in das Naturschutzgebiets Elsenzaue-Hollmuthang ein und ehe man sich versieht geht es auch schon wieder hinab in das namensgebende Elsenztal. Am Talgrund taucht nun die alte Walkmühle auf. In Walkmühlen wurden seit dem Hochmittelalter Stoffe veredelt. Ihre ehemalige Bedeutung ist kann man noch erahnen, allerdings sind die Gebäude heute eher runtergekommen und dienen als Übergangswohnheim. An der Mühle geht es über die Elsenz und kurz darauf auch über die meist stark befahrene B45 ins Elsenztal. Hinter der B45 führt die Route durch eine kleine Röhre unter dem angrenzenden Bahndamm hindurch. Nun kommt ein etwas unangenehmerer Abschnitt. Unangehm deshalb, weil auf dem folgenden Anstieg einige Dornensträucher über dem Weg querliegen. Wer nicht unbedingt rennen muss, sollte hier vielleicht besser mal ein paar hundert Meter gehen, um sich an den zahlreichen Dornen nicht die Beine oder Kleidung aufzureissen. Im Vergleich zu den bisher recht ruhigen und beschaulichen Abschnitten ist es hier durch den Verkehrslärm aus dem Tal auch kurzzeitig etwas lauter. Doch nicht lange: bald macht der Weg eine Kurve und biegt in das ruhige Hilsbachertal ab. Am eher verschlafenen Ort Waldhilsbach vorbei führt der Weg am Hilsbach entlang stetig bergauf. Der Bach war an diesem Tage in grossen Teilen zugefroren, nur zwischendurch gab es kleinere offene Löcher, durch die man das Wasser unter den Eisflächen ins Tal plätschern sehen konnte.
Der vereiste Hilsbach
Immer tiefer dringt der Weg nun in den Wald vor, Spaziergänger trifft man hier nun noch selten an. Vorbei an Grossem und Kleinem Roßbrunnen kommt man dann auf den Alten Hilsbacher Weg - eine gute ausgebaute Waldautobahn, die vom Ort Waldhilsbach hinauf zum Königstuhl, meinem nächsten Etappenziel, führt. Der Weg wurde hier von der Stadt Heidelberg als "Via Naturae" gekennzeichnet. Mit zahlreichen Bildtafeln am Wegesrand versucht man hier den Menschen den Wald als Teil der natürlichen Lebensgrundlage zu erklären und näherzubringen. An den Bäumen fielen mir auch wieder ein weiss-blaues "N" auf, dass ich schon am Anfang meiner Tour im Wald bei Dilsberg häufiger gesehen hatte. Später zuhause stellte ich fest, dass es sich hierbei um das Zeichen des Neckarsteig handelte: einem vom Deutschen Wanderverband zertifizierten Qualitätswanderweg. Grundsätzlich finde ich den Neckarsteig eine gute Idee. Das Neckartal mit all seinen Sehenswürdigkeiten und herrlichen Landschaften touristisch immer noch viel zu schlecht repräsentiert und braucht sich wahrlich nicht hinter Mosel oder Rheintal zu verstecken. Wenn ich mir allerdings die Streckenführung des Neckarsteig genauer anschaue, so ist die Routenführung an einigen Stellen aus meiner Sicht nicht ganz so gut gewählt. Diese Einschätzung teile ich inzwischen mit einigen Bekannten, die sich auch schon andere Teile des Wanderwegs gen Bad Wimpfen angeschaut haben. Die Vermutung liegt nahe, dass man auf einigen Abschnitten bei der Wegesführung den Interessen von Wirtschaftsvertretern oder Stadtverwaltung entgegen gekommen ist. Das sollte einen trotzdem nicht davon abhalten sich diesen im Grossen und Ganzen sicher sehr schönen Wanderweg in Neckartal mal anzusehen - ich werde auch noch versuchen die weiteren Abschnitte bei einem weiterem Lauf oder einer Biketour zu erkunden. Aber nun zurück zu meinem Lauf. Am Hilsbacher Weg angekommen geht es weiter bergauf. Es dauert nicht mehr lange bis man in den Heidelberger Märchenwald am Märchenparadies eintaucht, gerade am Wochenende ist hier sonst immer viel los, an diesem Tage war es wohl aufgrund der kalten Temperaturen doch eher ruhig. Am Märchenparadis vorbei kommt man dann zur Aussichtsplattform am Königstuhl - für mich DAS Highlight vieler Touren auf Heidelbergs Hausberg.
Blick vom Königstuhl
Der Königstuhl ist die höchste Erhebung des Kleinen Odenwalds. Je nach Wetter hat man eine tolle Sicht über Heidelberg und Mannheim weit hin ins Rheintal bis hinüber auf die pfälzer Seite mit Donnersberg, Kalmit und dem Pfälzer Wald. Unzählige Male war ich schon hier oben, doch es scheint als ob der Blick jedes Mal ein bisschen anderes ist. Auf jeden Fall war es hier oben heute aber auch bitterkalt, deshalb schnell weiter! An der Bergbahn vorbei führt mich mein Weg auf einem verblockten Singletrail gen Tal. Bis man unten beid er nächsten Waldautobahn angekommen ist, ist grösste Vorsicht geboten, denn ein falschen Schritt kann hier schnell zu einem schmerzhaften Sturz führen. Meine Route führt nun zum Arboretum 1 an der Heidelberger Sprunghöhe. Abseits des Weges stehen hier einige amerikanische Mammutbäume, die der Heidelberger Oberförster im 19ten Jahrhundert hier angepflanzt hat. Hinter dem Arboretum wartet ein kleiner aber giftiger, asphaltierter Anstieg. Oben steht der 1876 vom Heidelberger Schlossverein erbaute Gaisbergturm.
Gaisbergturm
Eine Besonderheit des unscheinbaren Turms ist, dass er ohne Mörtel oder sonstige Bindemittel gemauert wurde. Über eine Wendeltreppe mit 85 unterschiedlich geformten Stufen kann man den 13 Meter hohen Turm heute noch besteigen. Mein Weg führt links am Turm vorbei in einem kleinen, unscheinbaren Trail. Der Boden ist hier eher weich und gut zu laufen. Doch auch hier sollte man auf die umherliegenden Steinblöcke acht geben. Um den Gaisberg herum geht es nun wieder zurück ins Neckartal. Weiter unten kann man schon das Heidelberger Schloss und die Altstadt sehen. Vorher gibt es nochmal einen kurzen, giftigen Anstieg hinaus zur Molkenkur. Dieses Gebäude ist eine ehemaligen Kuranlage, dient heute als Zwischenstation der Bergbahn sowie als Hotel und Restaurant. Es wurde auf den Überresten der Oberen (oder auch Alten) Burg errichtet. Sie gilt als Vorläufer des heutigen Heidelberger Schlosses.
Heidelberger Schloss
Die Burganlage kann man heute nur noch an wenigen Überresten der Vorburg, dem ehemaligen Turmhügel und der Gräben erahnen. Der Weg zum Schloss führt durch den ehemaligen Steinbruch, das sogenannte Teufelsjoch. Hier ist es zum letzten Mal etwas trailig, ein letztes Mal Waldboden unter den Füssen. Man kommt von dem Weg knapp oberhalb des Schlosses heraus. Durch den Haupteingang geht es dann in den Schlosshof. Zu Deutschlands vermutlich berühmtester Ruine muss man eigentlich nicht mehr viel sagen. Sie diente bis zu seiner Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Soldaten Ludwigs XIV. dem Kurfürsten der Pfalz als Residenz. Da in der Schlossanlage immer viel los ist, geht mein Weg schnell weiter vorbei an Elisabethentor, Torturm und Pforte hinunter in den Burggraben. Während oben meist Menschenmassen unterwegs sind, trifft man hier nur noch vereinzelte Schlossbesucher an. Am gesprengter Turm vorbei kommt man auf der Ostseite am ehemaligen Glockenturm vorbei und dann hinunter in die Heidelberger Altstadt.
Heidelberger Altstadt
Durch die Gassen der Altstadt geht es zur letzten Sehenswürdigkeit der Tour, der Karl-Theodor-Brücke, besser bekannt als die Heidelberger Alte Brücke. Während das Brückentor noch aus dem Mittelalter stammt, stammt der Rest der Brücke erst aus dem 18ten Jahrhundert. Hier lohnt sich noch einmal der Blick zurück auf Schloss und Altstadt. Doch Vorsicht: an manchen Tagen kann es hier sehr voll werden und man sollte aufpassen, wo man hinläuft. Am nördlichen Neckarufer geht es dann nach Neuenheim zur Neckarwiese der Endstation der Tour.
Blick zurück auf HD
Wer bei wärmeren Temperaturen hier hinkommt, kann sich in eines der Strassencafés am Beginn der Bergstrasse setzen. Auf der Neckarwiese gibt es auch ein paar Duschen. Mir war es etwas zu kalt, deshalb ging es flux nach Hause unter die warme Dusche.

Die Tour war wunderschön und verlangt geradezu eine Fortsetzung. Eine Fortsetzung wie schon oben erwähnt auf weiteren Teilen des Neckarsteigs, aber auch auf der nördlichen Neckarseite. Dann aber besser, wenn es wieder etwas wärmer geworden ist. Und natürlich eignet sie sich in ihrer nun erkundeten Form - vielleicht mit kleinen Modifikationen - auch für unsere Transalpinevorbereitung.

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