2. Dezember 2008

Space Coast Half-Marathon

Die zweite Station meiner USA-Reise war Florida. Bei Planung der Reise kam ich auf die Idee mal zu schauen, was es denn in meinem Reisezeitraum dort für Läufe gibt. Ich musste feststellen, dass die meisten angebotenen Läufe kürzer 10 km und damit für mich nicht weniger interessant waren. Bei der Recherche stiess ich aber auch auf den Space Coast Marathon in Cocoa, bei dem neben der vollen Marathondistanz auch ein Halbmarathon angeboten wurde. Zuerst nur eine fixe Idee, manifestierte sich der Wunsch bei dem Lauf teilzunehmen – die Distanz wollte ich erst kurzfristig und abhängig von Form und Lust festlegen. Gesagt getan, so meldete ich mich 2 Tage vor dem Lauf im lokalen Laufladen im benachbarten Melbourne für den Halbmarathon an. Ich entschied mich für die halbe Distanz, weil ich ausser meinem lockeren Lauf in New York rund 4 Wochen so gut wie gar nicht gelaufen war. Den November nutze ich meist bewusst nach einer langen Saison zur Regeneration und treibe nur selten Sport. Normalerweise steige ich im Dezember dann mit kurzen Läufen um die 30-40 Minuten wieder ein und steigere die Distanzen und Laufzeiten so langsam wieder. In NYC und in Florida hatten aber klar der Urlaub und verschiedene Besichtigungen Vorrang. So stand ich fast ohne Trainingsvorbereitung am Sonntag morgen in Cocoa an der Startlinie - ein Lotteriespiel: wie gut würde meine Laufform noch sein?

Beide Laufe führen fast ausschliesslich als Wendepunktstrecken an der palmengesäumten schnurgeraden Uferstrasse am Indian River entlang. Zur einen Hand das Wasser mit seinen Piers und Booten, in einiger Entfernung kann man das vorgelagerte Merrit Island sehen. Zur anderen Hand die klassischen aus den USA allseits bekannten, niedrigen Bungalows. Zieleinlauf ist am Pavillion im Riverfront Park. Genau so stellt man sich einen Marathon in einem Urlaubsparadis wie Florida vor. Anekdote am Rande: die Schönheit der Ziellokation kann man sich vielleicht noch etwas mehr vorstellen, wenn ich erwähne, dass einen Tag zuvor witzigerweise genau an gleicher Stelle mein Schulfreund und Gastgeber seine Freundin eheliche, so einen Ort wählt man nicht ohne Grund aus (er hatte mit dem Lauf sonst nichts weiter zu tun). Die Strecke ist leicht wellig, Kurven gibt es kaum, wobei man wegen der Wellen und kleinerer Schlenker aber nicht so weit sehen kann wie man es sich bei einem so geraden Kurs vielleicht vermuten würde. Am Veranstaltungstag war es recht schwül, mit Dauer der Veranstaltung kam immer mehr Wind auf, der das Laufen nicht gerade einfacher machen sollte - nach meinem Eindruck kam er aus südlicher Richtung, das bedeutete nach der ersten Hälfte des Halbmarathons: Gegenwind.

Start für beide Läufe war morgens um 6 Uhr im Stadtzentrum von Cocoa. Es war noch dunkel, aber die Strassenbeleuchtung war an, ausserdem waren über uns die Bäume schon weihnachtlich geschmückt und beleuchtet. Vor dem Feld stand am Strassenrand eine grosse Leuchttafel, die zum Start gleich noch eine Rolle spielen sollte. Das Feld war nach Startgruppen eingeteilt, wobei die Einordnung nicht gross kontrolliert wurde. Man hatte im Block recht viel Platz, es gab nicht das Gedrängel, das man von europäischen Läufen kennt. Was die Bekleidung anging, sah man es auch etwas lockerer, einige waren ohne Oberteil am Start; ich war mit einem Laufhemd mit kurzen Ärmeln vergleichsweise warm angezogen. Vor dem Start eine kurze Rede, dann die Nationalhymne. Zum Start gab es keinen nervigen Böllerschuss, dafür startete das Space Shuttle auf der Leinwand – super Idee! Ich war von Beginn an vorne mit dabei und versuchte konstant mein Tempo zu laufen. Etwas ungewöhnlich war es schon mit dem Feld aus der Stadt heraus im Dunkeln über die Uferstrasse zu laufen. Ich konnte mir nicht so richtig vorstellen, dass es bis zum Zieleinlauf noch richtig hell werden würde. Doch die Sonnen ging dann doch schneller auf als ich dachte. An der Strecke gab es Schilder mit Meilenangaben und unterwegs gab es auch genügend Verpflegungsstationen an denen Wasser und ein Isogetränk gereicht wurden. Einige hatten sich verkleidet – meist mit Figuren aus Star Wars. So reichte mir ein Soldat des Imperiums unterwegs einen Becher Wasser und hinter mir kam irgendwann Darth Vader ins Ziel – yes .. Strike - ich habe Darth Vader besiegt!!! Vorher musste ich aber leiden. Nach ca. 1/3 der Strecke merkte ich, dass es mit meiner Form nicht mehr so weit her war und musste mich mühen. Am Wendepunkt war ich ziemlich fertig und konnte mir schon nicht mehr so recht vorstellen, wie ich das Tempo des Hinwegs noch weiter aufrechterhalten sollte. Immerhin hatte ich gesehen, dass die Führenden nicht allzu weit vor mir waren. Auf dem Rückweg wurde es immer schwerer, der Wind kam nun unerbittlich von vorne und es gab keinen Rücken hinter dem ich mich hätte verstecken können. Ich spürte wie ich immer mehr versteifte, meine Bewegungen unrunder wurden und die Füsse schmerzten. Immer mehr Läufer zogen nun auch an mir vorbei. Das war nicht mein Tag, da halfen auch die Anfeuerungsrufe der anderen Läufer und von ausserhalb nichts mehr. Das sind solche Momente, an denen ein Läufer in das Innerste seiner Seele schauen kann und gute Motivationstechniken gefragt sind. Ich versuchte mich auf einen halbwegs guten Laufstil zu konzentrieren und Bilder von Normann Stadler im Kopf, wie er auf teilweise ähnlicher Strecke auf dem Alii Drive beim Ironman in Hawaii trotz all der Strapazen noch halbwegs flüssig den abschliessenden Marathon abzuspult, obwohl er sich zu diesem Zeitpunkt vermutlich ähnlich fühlen musste. So gut es ging versuchte ich also die Schmerzen zu verdrängen und mich anstatt dessen auf das Ziel zu konzentrieren und auch das tolle Ambiente zu geniessen, denn schliesslich hatte ich mich genau deswegen zu diesem Lauf angemeldet. Irgendwie kam ich so dann auch zurück nach Cocoa. Auf der Zielrunde im Park hörte ich wie der Sprecher den Läufer ‚from Germany’ ankündigte. Dann der Zieleinlauf, ich freute mich – ich hatte es geschafft – endlich – Gratulationen von den Helfer, ein Handtuch und die schwer erkämpfte Medaille. Im Ziel gab es neben den Getränken auch noch reichlich Verpflegung hauptsächlich an Backwaren. Ich setze mich erstmal auf den Rasen und genoss noch ein bisschen die Atmosphäre bevor ich schliesslich die Heimreise nach good ol’ Germany antrat. Einen ausgewiesenen Duschbereich gab es übrigens nicht. Im Park befanden sich lediglich an 2 Säulen Duschköpfe, die man für eine Erfrischung nutzen konnte.

Abschliessend betrachtet war es ein sehr schöner Lauf. Genau so hatte ich mir den Lauf im Urlaub auch vorgestellt. Die Anmeldegebühr ist recht hoch und organisatorisch sollte man nicht ganz das Niveau eines grossen Stadtmarathons erwarten. Wen das nicht scheut, dem kann ich den Lauf aber sehr empfehlen. Photos habe ich leider keine, aber da verweise ich gerne auf Kerstins Blog, für die der Lauf ein Heimspiel war und deren Blog auch sehr interessant ist. Ein bisschen traurig bin ich schon, dass ich bei dieser schönen Strecke nicht den vollen Marathon gelaufen bin, rückblickend war das aber die richtige Entscheidung; mit der Form und den äusseren Bedingungen wäre das einfach nur eine grosse Qual gewesen. Vielleicht mache ich die 42 in Cocoa ja ein andermal voll. Dann aber auch mit etwas mehr Vorbereitung, denn eigentlich weiss ich ja wie es geht .. .

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