28. Januar 2012

Gegen die Wand gerannt

Heute war ich wieder im Rodgau "in der Gänsbrüh" beim 50er unterwegs - mein drittes Laufereignis diesen Monat nach dem 10er in Dielheim und dem Ultragruppenlauf vor 2 Wochen. Das Frühjahr steht auf jeden Fall im Zeichen des Laufens - diese Häufung von 2 langen Kanten innerhalb nicht mal 2 Wochen ist für mich neu, aber ich war neugierig und zuversichtlich, dass ich das schaffen würde. Letztendlich sind das auch nur Trainingsläufe für die grösseren noch kommenden Herausforderungen. Jetzt kann ich sagen, ja ich kann es und auch wenn es heute nicht gerade optimal lief glaube ich nicht, dass es daran lag, dass ich in diesem Monat zu viel gemacht hätte. Aber der Reihe nach.

Der Lauf in Dudenhofen ist wie schon einige Male berichtet kein typischer Landschaftslauf und hat mehr gemein mit einem Strassenlauf. In 10 Runden über je fünf Kilometer dreht man auf weitgehend flachem Kurs seine Runden über gut präparierte Feld- und Waldwege - teils auf asphaltiert. Die leichten Wellen, die der Kurs hat, sind kaum der Rede wert. So kann man ab Start nahezu konstant ein Tempo laufen. Ich konnte mich heute nur schwer einschätzen und hatte sehr unterschiedliche Vorstellungen von dem was zu erreichen war. Für realistisch schätzte ich eine Zeit um die 4:20 Std. Trotzdem wollte ich zügig starten und in Richtung einer Sub 4 anlaufen auch auf die Gefahr hin später einzugehen - ein bisschen Tempohärte kann nicht schaden und wo soll man das trainieren, wenn nicht bei so einem Lauf? Den ersten Kilometer absolvierte ich in 4:45 Min - ziemlich genau mein Wunschtempo. Danach hatte ich mich aus dem Feld frei gelaufen und konnte nun recht konstant mein Tempo anschlagen. Es fanden sich schnell zwei Mitstreiter, die gleich schnell unterwegs waren. In der Gruppe lief es sich einfacher als alleine, so blieben wir zusammen. Beim Blick auf die Uhr musste ich allerdings feststellen, dass wir noch schneller geworden waren als nach dem Start und einiges unter meinem Zieltempo liefen. Ich wollte aber nicht abreissen lassen, die beiden konnten mir in den Feldern einen guten Windschatten geben und so eine Schicksalsgemeinschaft beflügelt. Die erste Verpflegung liessen wir aus. So ganz wohl war mir dabei nicht, aber ich wollte die beiden nicht verlieren. Nach 9 Kilometern war ich dann plötzlich doch alleine - was war passiert? Die beiden hatten hinter mir laufend den Abschnitt im Wald genutzt um auszutreten. So musste ichnun wieder alleine weiterkämpfen. Dummerweise begannen nun die ersten Überrundungen. Die Strecke war mit um 1000 Teilnehmern mitunter recht voll und nicht jede Gruppe achtete auf überholende Läufer von hinten. Auch war nun nicht mehr immer laufen auf der Ideallinie möglich. Das Laufen wurde fortan schwieriger und ich wurde zwangsläufig ein wenig langsamer. Einmal war auch ich austreten und hatte insgeheim die Hoffnung wieder meine 2 Mitstreiter zubekommen. Als ich wieder auf der Strecke war, war aber weder von ihnen noch von meinen anderen Bekannten etwas zu sehen. Also lief ich weiter mein Tempo. Bei der Hälfte an der 25-Kilometermarke war ich mit ca. 1:56:20 Std. sehr gut in meinem Zeitkorridor und hatte sogar noch etwas Puffer, um nach hinten ein wenig langsamer zu werden. Nochmals 25 Kilometer in dem Tempo hinzulegen würde schwierig werden, aber warum sollte ich jetzt bewusst langsamer machen und das grosse Ziel ohne jeden Anlass gefährden? Also weiter - zackig! Bei Kilometer 27 hörte ich dann einen mir bekannten Schritt von hinten näher kommen - meine beiden Begleiter waren wieder da! "So schnell wirst Du uns nicht los!" Fortan ging es nun wieder gemeinsam weiter. Kurz vor dem Ende der 30-Kilometermarke machte sich plötzlich mein Magen bemerkbar - ich bekam Hunger - das war kein gutes Zeichen! Bis zur nächsten Verpflegung waren es noch ca. 1,5 Kilometer, so lange musste ich noch durchhalten. Wir hatten gerade die 30 Kilometer passiert, da hatte ich das Gefühl, dass irgendetwas gar nicht mehr stimmte, verringerte augenblicklich das Tempo und liess meine beiden Begleiter ziehen. Kaum war ich alleine, wechselte ich ins Gehen oder blieb soweit ich mich erinnere sogar stehen .. so ganz kann ich mich an diese Momente nicht mehr erinnern. Es war, als ob bei mir ein Stecker gezogen worden war. Ich kann mich nicht erinnern so einen Moment schon einmal erlebt zu haben. Sollte hier Schluss sein? Ich holte mein Notgel aus der Tasche und setzte mich langsam wieder gehend in Bewegung, um der Verpflegung näher zu kommen. Soweit ich mich erinnern kann, war es mehr ein Schwanken als ein gradliniges Fortbewegen. Bis zur Verpflegung war es noch ein knapper Kilometer - das musste ich schaffen! Ich kann mich an den Abschnitt kaum noch erinnern, aber dort angekommen schaufelte ich alles Mögliche in mich rein: erst die Getränke - 4 oder 5 Becher Tee (lecker!), Wasser (mit Kohlensäure *bäh*) und ausnahmsweise auch 1 oder 2 Becher Cola, um meinen Kreislauf mit dem Koffein und Zucker in die Gänge zu bringen. An die Verpflegung kann ich mich interessanterweise besonders gut erinnern - es war wie eine Erlösung! Ich nahm mir 3 salzige Kekse, ein paar Bananenstückchen, eine Fruchtschnitte und noch ein paar weitere Sachen. Dann setzte ich mich langsam wieder in Bewegung. Die 4 Stundenmarke konnte ich vergessen, das war klar - aber ankommen wollte ich. Nach und nach überholten mich einige meiner Bekannten. Ich versuchte gar nicht erst dranzubleiben. So langsam versuchte ich mich wieder zu einem besseren 5-Minuten-Schnitt vorzuarbeiten, aber es fiel mir unendlich schwer. An der nächsten Verpflegung griff ich abermals ähnlich fleissig zu, die Nahrungsaufnahme hatte mir bei letzten Mal auf jeden Fall geholfen. Der Schnitt wurde sukzessive besser, aber ich war weit weg von dem Tempo, dass ich auf den ersten 30 Kilometern gelaufen hatte. Die Marathonmarke passierte ich bei 3:40 Std. Eine Zeit, auf die ich lange hinarbeiten musste, um sie bei einem Marathon mal zu knacken. Und heute erlebe ich so einen dramatischen Einbruch und laufe das trotzdem, als ob es nichts wäre! Manchmal muss ich über meine sportliche Entwicklung immer noch staunen .. . Ich versuchte mir einen Plan zurecht zu legen wie ich die letzten Kilometer ins Ziel laufen würde. Bei der letzten Verpflegung wollte ich mich nochmal vernünftig ernähren, um Energie für die letzten Kilometer zu haben - ich fühlte mich inzwischen wieder stark genug am Ende nochmal zu alter Stärke zurück zu finden. Bei Kilometer 47 hatte ich ein letztes Mal einen kurzen Durchhänger, doch dann ging es ab. Ich wurde immer schneller und überholte zahlreiche Läufer. Den letzten Kilometer lief ich erstmals seit meinem Einbruch wieder klar unter 5 Minuten - folgen oder überholen konnte mich jetzt keiner mehr. Warum konnte es nur nicht die ganze Zeit so laufen? Das wäre eine Zeit geworden .. .

Die Uhr stoppte für mich bei 4:26 Stunden. Eigentlich keine schlechte Zeit. Mein grosses Ziel hatte ich klar verfehlt, aber unzufrieden war ich nicht. Ich war angekommen und froh, den Lauf doch über eine weite Strecke mit einem mehr als respektablen Tempo absolviert zu haben - ich war in anderen Jahren hier schon deutlich langsamer. So einen Einbruch zwischendurch muss ich aber nicht nochmal erleben. Letztendlich hatte ich es mit dem forschen Tempo und der ungenügenden Verpflegung zu Beginn aber geradezu provoziert, deshalb kann ich mich auch nicht beklagen. Spass gemacht hat es trotzdem. Ich glaube noch nie war ich so lange so weit vorne mitgelaufen. Die Organisation des Laufs liess auch diesmal wenig Wünsche offen. Es gibt sicher schönere Läufe, trotzdem komme ich immer wieder gerne hierhin zurück. Eine Sache muss ich dann aber doch noch loswerden. Auf den späteren Runden konnte man auf der Strecke immer mehr Geltüten herumliegen sehen. Aus meiner Sicht eine absolute Schweinerei! Wenn ich ein Gel benutze, dann ist es auch kein Problem die Verpackung bis zum nächsten Mülleimer mitzunehmen oder bis zum Ende des Rennens in eine separate Tasche zu stecken. Klebrige Finger kann man ablecken oder mit dem Wasser der Becher an der nächsten Verpflegung wieder sauber bekommen. Man verliert doch keine Zeit, wenn man die Tüten bis zum nächsten Mülleimer mitnimmt. Gelverpackungen gehören nicht in die Natur! Von mir aus können das die besagten Läufer bei einem Stadtmarathon machen, wo sowieso alle Wochen mal die Stadtreinigung mit der Kehrmaschine durchfährt, aber doch bitte nicht in der freien Natur! Soll der Veranstalter etwas jedes Mal nach dem Lauf die Strecke ablaufen und die Tüten aus dem Dreck aufsammeln? Und was passiert mit den Tüten, die er übersieht? Ich habe von einem anderen Läufer gehört, dass es einen solchen Umweltfrevel schon letztes Jahr beim Lauf in Sonthofen gab, da fiel es mir selbst nicht auf. Auch in Rodgau konnte ich bei meinen Mitläufern ein entsprechendes Verhalten nicht beobachten. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass es Läufer sind, die sowieso weiter hinten laufen und bei denen es nicht ganz so auf Zeiten ankommt. Ich wünschen diesen Umweltsäuen, dass Ihnen demnächst mal jemand Plastikverpackung in den Salat schmeisst oder ein Kaugummi auf den Bürostuhl klebt! Vielleicht rächt sich auch Mutter Natur an ihnen, indem ihnen ein Vogel auf ihre offensichtlich hohle Birne scheisst - das wünsche ich ihnen wirklich!

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