10. April 2007

De Ronde van Vlaanderen 2007 - als Zuschauer

Radsport in Belgien und Holland - das ist etwas ganz Besonderes. Nirgendwo sonst sind die Menschen einer Region so radsportbegeistert wie in den Benelux-Staaten. Als Radsportfan hört man immer wieder von den berühmten Frühjahrsklassikern in diesen Ländern, wie hart sie sind und welche Herausforderung sie für einen Sportler - egal ob Amateur oder Profi - darstellen. So lang es nahe auch selbst einmal dorthin zu fahren und ein Rennen hautnah mitzuerleben. Schon mehrere Jahre spielte ich mit der Idee an der Flandernundfahrt teilzunehmen. Doch erst in diesem Jahr klappt es nachdem ich mehrere Vereinskameraden und Kollegen davon überzeugen konnte, mit mir an dem am Vortag auf der Originalstrecke ausgetragenen Radmarathon teilzunehmen. Von diesem "hautnahen" Erlebnis berichte ich in Kürze. Zuerst nur kurz ein paar Impressionen und Eindrücke des Profirennens.
Die Strecke kannten wir ja schon aus der Berichterstattung und dem selbst erlebten vom Vortag. So entschlossen wir uns zu einem der letzten Anstiege zu fahren, wo die Entscheidung fallen musste und wo man aufgrund der langsamen Geschwindigkeit bergauf etwas mehr von den Radfahrern hatte. Am berühmtesten ist sicher die Muur von Geraardsbergen - die Kapelmuur. Dieser vorletzte Anstieg ist mit seinem Kopfsteinpflaster, seiner Steigung und den Kurven recht schwierig zu fahren und eignet sich wenige Kilometr vor dem Ziel dafür eine Vorentscheidung im Rennen zu suchen.
Schon lange bevor die Profis vorbeikommen, ist die Stimmung an der Muur schon gut. Oben bei der Kapelle wird gesungen und skandiert. Neben vielen Touristen sieht man auch viele Fans - zum grossen Teil im Trikot des Team Quick Step, mit dem der belgische Weltmeister Tom Boonen fährt. Vereinzelt sieht man auch Anhänger des Lotto-Teams und des holländischen Radsportteams Rabobank, der Rest hält sich in etwa die Waage.
Das Profifeld kündigt sich früh durch die zwei nahenden Hubschrauber in der Luft an. Einige Zuschauer haben auch Radios dabei und wissen genau über den Rennverlauf bescheid. Wir warten, die Spannung steigt: werden wir zu Beginn einzelne Ausreisser sehen oder ist das Feld noch eng beisammen? Als die ersten Profis den Anstieg hoch stürmen, kennt die Begeisterung keine Grenzen mehr. Die Arme gehen in die Höhe, ein ohrenbetäubender Lärm. Die einzelnen Radfahrer kann ich nicht erkennen, ob Tom Boonen in der Spitze dabei ist? Ich kann zwar Trikots von Quick Step sehen, zweifle aber aufgrund der Haarfarbe, dass Boonen vorne dabei ist. Eine Entscheidung ist offensichtlich noch nicht gefallen, die erste Gruppe ist zwar lang gezogen, aber noch relativ nah beieinander. Auf den letzten Kilometern wird sich aber zeigen, dass die Hinteren nicht mehr zur Spitzengruppe aufschliessen können. Tom wird 2007 nicht gewinnen können. Nachdem die recht grosse erste Gruppe vorbei ist, gehen wir den Hügel hinab. Doch immer wieder kommen weitere kleinere Gruppen die schmalen Gassen hinauf. Ich hätte nie gedacht, dass auch die Profis, die soweit zurück sind, das Rennen noch zuende fahren. Als sogenannte "Wasserträger" haben sie zuvor ihren Spitzenfahrern geholfen in die Spitze des Rennens zu kommen und die Teamziele umzusetzen. Die Arbeit der Wasserträger ist nun getan und sie könnten eigentlich aufhören - niemand würde ihnen das übel nehmen. Trotzdem fahren viele von ihnen noch zuende. Hier sieht man die Beisterung der Rennfahrer für den eigenen Sport. Ihre Arbeit ist getan, doch es ist eine Ehre das Rennen zu fahren und eine Leistung es zu beenden. Auch wenn sie nur noch unwesentlich schneller als einige der Amateurradfahrer vom Vortag den Hügel hinauffahren, wollen sie das Rennen noch beenden - für sich selbst, aber auch für ihre Fans. Schön zu sehen, dass es diese Einstellung im Profisport noch gibt.
Das Finale des Rennens sehen wir am Fuss der Murr auf einer grossen Leinwand. Schneller als wir dachten sind die Profis im Zielort Ninove. Ein Duo macht das Rennen unter sich aus - von hinten rasen die Verfolger heran, aber sie werden an die beiden Ausreisser nicht mehr herankommen. Die letzten Kilometer macht der Belgier Leif Hoste Tempo - bei diesem Heimrennen muss er natürlich vor dem italienischen Mitausreisser Ballan ankommen. Nur noch wenige Meter bis zum Ziel - von hinten rauscht das Feld heran - Hoste sucht die Entscheidung von vorne - so viel wie er bis hier gearbeitet hat, hat er auch meine Sympathie. Die Begeisterung auf dem Platz ist grandios - jeder feuert Hoste an - doch im letzten Moment kommt der Italiener aus dem Windschatten und überquert mit einem minimalen Vorsprung die Ziellinie. Die ganze Platz um uns herum steht unter Schock, Ernüchterung macht sich breit. Mir tut der Belgier leid, der so toll gekämpft hat, auch die Belgier die ihren Landsmann so frenetisch angefeuert haben - und nun werden beide nicht belohnt. Doch die Leistung des Italieners muss man auch anerkennen, er ist taktisch geschickt gefahren und hat das Rennen somit letztendlich verdient gewonnen. Die gleiche Meinung macht sich offenbar auch langsam auf dem Platz breit. Man freut sich über die tolle Leistung des Belgiers und feiert trotzdem.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Toller Bericht! Ich saß vor dem TV und mir tat der arme Leif Hoste auch furchtbar leid, immer ehrenvoller Zweiter... Auf seine Konstanz kann er trotzdem stolz sein. Und der blonde Held heißt übrigens Tom Boonen ;-)
Cheers, Britta

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