30. Mai 2010

Mein Ironman Lanzarote 2010

Jetzt ist er Geschichte: der Ironman Lanzarote 2010. Er war wie zu erwarten war hart, aber auch sehr schön und ich will die Erfahrung nicht missen, wenngleich das Ergebnis nicht meinen Erwartungen entspracht und meinen Leistungsstand meiner Ansicht nach nicht wirklich wiederspiegelt. Aber von vorn.
Vor dem Wettkampf

Geschlafen habe ich recht gut. Beim Frühstück war die Stimmung in der Gruppe gelöst, wenngleich einige in unserer Gruppe eine gewisse Anspannung nicht verhehlen konnten. Nach dem Frühstück umgezogen, Flaschen aufgefüllt und dann mit dem Bus ab zum Start. Aufgrund der langen Wechselzone entschied ich nochmal kurzfristig ein neues Wechselprozedere für mich und packte meine Beutel um. Etwas heikel ist das zwar schon, aber die Wechsel sollten im Laufe des Tages dann doch sehr gut klappen. Bis zum Start hatte ich noch etwas Zeit mich zu sammeln. Draussen ausserhalb der Zäune kamen langsam die Touristen oft etwas benebelt aus den Diskotheken und Bars, und wunderten sich etwas über das bunte Treiben. Leider gab es in der Wechselzone nicht wie bei den grossen Ironmans in Mitteleuropa Musik, so war der Moment auch nicht ganz so dramatisch wie dort. Aber vielleicht blieb ich dadurch auch noch etwas ruhiger als gewöhnlich. Auch hatte ich alle Zeit der Welt in den Neo reinzuschlupfen – jedes Mal ein ziemliches Gezerre. Er sollte auf jeden Fall optimal sitzen, ich wollte nicht unterwegs wieder eine meiner Panikattacken wegen eines schlecht sitzenden Anzugs bekommen. Vielleicht trödelte ich etwas zu lange herum, so war nicht mehr viel Zeit für’s Einschwimmen, dass ich mir dann auch prompt sparte. Auch das sollte in Folge kein Problem sein. Ich sortierte mich in der schon am Stand wartenden Gruppe Athleten recht weit aussen ein, der „Waschmaschine“ in der Mitte wollte ich so gut es ging entgehen und lieber ein paar Extrameter in Kauf nehmen. Dann begann das grosse Warten auf den Start: ein paar Ansagen von der Tribüne - kurze Gespräche mit anderen Athleten – ein letzter Check des Pulsmessers – Kontrolle der Schwimmbrille und der Badekappe – dann endlich: Start!

Schwimmen

Das Wasser war bei den ersten Schritten hinein bitter kalt, aber mit der Motivation wird auch der Sprung ins Nass keine grosse Überwindung und so kalt kam es mir dann erstmal drin dann doch nicht mehr vor. Alles verlief nach Plan. Ab und zu Gedrängel, Schläge. Sobald sich Enge andeutete suchte ich meinen Weg in weniger dicht gedrängte Löcher oder an den Rand des Felds. Das Wasser war durch die Schwimmen aufgewühlt und nicht mehr so klar wie in an den Vortagen, auch war es unter uns mangels ausreichend Tageslicht noch recht dunkel. Schemenhaft konnte man Fischschwärme unter uns hindurchschlüpfen sehen. An einer Stelle sass ein Taucher auf dem Meeresboden und fotografierte oder filmte. Dann nach der Hälfte der kurze Landgang durch die tobende Menge am Strand. Gedanklich zog ich ein positives Zwischenfazit und nahm mir vor in Runde 2 etwas näher an der Leine und somit direktere Wege zu schwimmen. Den Wellengang merkte man kaum, es kam einem eher vor wie in einem grossen Salzwasserbecken zu schwimmen. So langsam kam ich in meinen Rhythmus. Ohne wirklich schnell schwimmen zu müssen, überholte ich nun auch ein paar Profis, das konnte man anhand Farben der Badekappen erkennen. Denen war das zwar nicht so recht und sie teilten auch etwas aus, aber letztendlich gewinnt dann doch der Schnellere. Ausser dem Wasser heraus ging der Blick gleich zur Uhr: 1 Stunde – alles im Plan, sehr gut! Nach wenigen Metern waren Duschen aufgebaut. Dort zog ich den Neo aus, nahm weiter hinten meine Wechselbeutel auf und zog mich dann im Zelt um.

Radfahren


Hinter dem Zelt ging es vom Strand erstmal eine kleine Rampe zur Wechselzone mit den Rändern hoch. Mein Rad war ungefähr in der Mitte. Seinen Platz hatte ich mir anhand der Werbung am Strassenrand eingeprägt. Die Schuhe zog ich noch am Rad an und dann ging es rüber zum Tor. Die ersten Kilometer in Puerto del Carmen waren erstmal flach und man konnte sich etwas sammeln. Dann folgten die ersten Anstiege zur Hochebene. Der Wind hielt sich zum Glück in Grenzen und frischte erst später auf. Ich kam mir zu diesem Zeitpunkt weder besonders gut noch besonders schlecht vor, leider hatte das erste Überholen aber schon begonnen und immer mehr starke Radfahrer – teilweise Profis – rauschten nur so an mir vorbei.Ich war froh, als es auf die erste Abfahrt zur El Golfo-Schleife ging, das Tempo war hoch und endlich wurde ich nicht mehr so oft überholt. An den Felsen konnte man das Meer brechen sehen – wie immer ein tolles Szenario, für das wird heute allerdings keine Zeit hatten. Am Ende der Schleife warteten wieder ein paar Wellen auf uns, bei denen ich mir komischerweise wieder in den Anstiegen etwas schwach vorkam, dafür liefen die Abfahrten problemlos. Dann ging es rüber in den Timanfaya-Nationalpark. Ich kann mich noch gut erinnern wie ich hier schon im Februar die Steigung im Grundlagenbereich hochgedonnert bin, während ein Grossteil der Gruppe abreissen lassen musste. Heute war alles anders und ich musste mich echt schinden, um hier hochzukommen. So langsam wurde mir die Schwäche am Berg unheimlich: wie sollte das erst noch in den richtigen Bergen werden? Ich konnte es mir nicht erklären: bergauffahren ist normalerweise meine Stärke und dieses Mal hat ich sogar mehr denn sonst entsprechende Kraftausdauertrainings für den Berg trainiert. Die weiteren Kilometer zogen sich so dahin. An den Hügeln immer wieder das gleiche Spiel: bergauf Schwierigkeiten, bergab ging es so, dazu immer wieder Überholungen – ich hatte das Gefühl an Ende des Felds durchgereicht zu werden und war echt genervt. Dann kam mit dem Aufstieg zum Mirador del Haria der erste ernstzunehmende Anstieg. Ich meisterte ihn, aber einfach war das nicht. Oben hatte ich mir als meine persönliche Premiere für einen Ironman einen Beutel mit Eigenverpflegung hinterlegen lassen, darin eine Miniflasche Gel und eine grosse Radflasche nochmals mit verdünntem Gel, sozusagen als zusätzlicher Energieschub. Mein Plan war diese nur im Notfall aufzunehmen und wenn alles nach Plan lief durchzufahren. Natürlich war der bisherige Verlauf nicht „nach Plan“. Das gereichte Iso war oft sehr dünn, so hatte ich meine eigene Flasche unterwegs schon weitgehend aufgebraucht. Der Wechsel der Flaschen funktionierte problemslos. Die Abfahrt ins Tal der tausend Palmen war schön. Zum Glück fuhren alle kontrolliert und übersichtig bergab, so kam es zu keinen brenzligen Situationen. Kurz vor dem Mirador del Rio kam dann die vermutlich heftigste Rampe. Schon von weitem konnte ich einen Teilnehmer sehen, der abstieg und schob .. hoffentlich würde mir das mit meiner heutigen Bergschwäche nicht auch passieren. Es war Horror, aber ich schaffte es. Bei den Trainingsausfahrten fiel mir das sonst immer deutlich leichter und ich hatte eigentlich nicht das Gefühl jetzt schon müde zu sein – irgendwie war ich im falschen Film. Dann wartete die herrliche Strasse an der Steilküste zum Mirador hoch. Auch hier mehr Qual als Genuss, auch wenn die Strasse hier vermutlich weniger Prozente hatte empfand ich es fast noch schwieriger als den Anstieg zuvor. Oben war ich erstmal erleichtert, denn nun würden erstmal zahlreiche Kilometer bergab bis nach Arrieta folgen und es würde keinen Berg mehr geben, an dem ich leiden musste. Alles klappte problemlos. Das Stück hinter Arrieta ist sicher der uninteressanteste Teil der Radrunde. Kilometerlang fährt man neben den Autos auf einer gut ausgebauten Strasse gen Süden. Normalerweise hat man hier Rückenwind und erreicht hohe Geschwindigkeiten, heute musste man kräftiger treten. Endlich begann auch ich Leute zu überholen: auf dieser flacheren Strasse war ich plötzlich der Stärkere. Vielleicht hatten auch einige in den Bergen etwas überzockt: den ein oder anderen Überholte kannte ich schon von vorher. Dann kam allerdings wieder die neue Zusatzschleife nach Teguise hoch – ein Anstieg – und wieder knapp 100 Höhenmeter – mit Wind – und wieder kein Druck in den Beinen .. es war zum Heulen! Oben angekommen war ich heilfroh, denn nur warteten auch ein paar unbedeutenden Wellen keine Anstiege mehr und es zeichnete sich ein Ende des Martyriums auf dem Rad ab. Meine Planzeit lag schon in weiter Ferne, aber ein ordentlicher Marathon sollte doch noch zu machen sein. Als kleines Schmankerl gibt es kurz vor Puerto del Carmen nochmal eine herrliche Abfahrt auf schmaler, kurviger Strasse oberhalb der Bucht. Hiervor habe ich immer einen Heidenrespekt, versteuern sollte man sich hier besser nicht. Interessanterweise fuhr ich hier aber wieder auf meine Vorderleute auf – heute war wirklich verkehrte Welt! Als wir wieder unten an der Promenade waren, setzte ich mich von meinem letzten Mitfahrern ab und kam alleine zum zweiten Wechsel. Auch hier musste man bis ganz ans Ende laufen, mit dem Rad am Arm überholte ich noch 2 weitere Athleten bevor es mir von einem Helfer abgenommen wurde. Auch der zweite Wechsel gelang sehr gut. Während des Wechsels wurde ich auf Nachfragen nochmal von einer Helferin mit Sonnencreme eingecremt. Das sollte aber nicht viel helfen, einen leichten Sonnenbrand hatte ich trotzdem später.

Laufen


Das Laufen sollte eigentlich meine Disziplin werden. Es fing auch ganz gut an, doch nach wenigen Kilometern wurde mir schlecht. Ich vermutete zu viel Gel und trank in Folge nur noch. Wieder einige Kilometer später bekam ich dann Seitenstechen. Das kann wie ich inzwischen gelernt habe ein Zeichen einer Unterversorgung sein. Also doch wieder kurz vor der nächsten Getränkestation ein Gel genommen und prompt waren die Seitenstechen weg. Dafür war mir wieder übel. Das Spiel wiederholte sich forthin immer wieder nur dass die Übelkeit immer schlimmer zurückkam. Dazu wurde es noch heiss. An den Verpflegungsstellen ging ich nun. An einen guten Marathon war auch nicht mehr zu denken, jetzt hiess es nur noch finishen.Am Flugplatz feuerte uns die Flughafenfeuerwehr aus ihren Trucks an. Bei der Hitze hätte ich auch nichts gegen etwas Spritzwasser gehabt, doch es blieb bei lautstarker Anfeuerung. Unterwegs probierte ich mich von meinem Leid abzulenken und unterhielt mich mit anderen Teilnehmern. Mit welcher Zeit ich wohl reinkommen würde? Ich hatte das Gefühl mein Limit diesmal echt überschritten zu haben, ab und zu machte ich in den Gehphasen die Augen zu und versuchte mich wieder zu sammeln. Irgendwann gegen Ende der zweiten Runde konnte ca. 12 Kilometer vor dem Ziel absehen, dass es bei einer ordentlichen letzten Runde noch zu einem Finish unter 12 Stunden reichen sollte. Ich mobilisierte die letzten Kräfte und ein neues, konkretes Minimalziel so nah vor Augen lief es plötzlich wieder etwas besser. Die Übelkeit war zwar noch da, die Seitenstechen auch, aber ich konnte wieder besser drüber hinweglaufen. Reihenweise überholte ich andere Athleten, die auch litten sichtlich. Am Ende flog ich fast nur so über die Promenade gen Ziel. Würde es reichen? Könnte ich die 12 Stunden unterbieten? Es würde eng werden. Die letzte Verpflegung. Noch einmal am Hotel vorbei den Buckel rauf. Der Weg zog sich. Immer wieder der Blick auf meine Uhr, würde es reichen? Hier ging es nochmal leicht rauf – warum war mir der Anstieg vorher nicht aufgefallen. Erst ungefähr einen Kilometer vor dem Ziel war ich mir dann relativ sicher, dass es klappen könnte. Dann der Zielkanal. Keine weitere Runde mehr. Die Menge machte immer noch ordentlich Lärm. Unter dem Zieltor das Band nur für mich und oben die Uhr, die immer noch eine 11 vorne hatte. Das Band flog weg und ich hatte es geschafft! Hinter dem Tor wartete der Organisationschef und drückte mir die Hand. Ich bedankte mich bei ihm kurz für den Wettkampf, dann wurde mir die Finisher-Medaille umgehängt. Ein Moment den man nicht vergisst.

Nach dem Wettkampf

Sicher war es nicht das Ergebnis, das ich mir vorher erhofft hatte. Aber was soll ich mich deshalb grämen? Ich glaube nicht, dass meine Probleme unterwegs an falschem Training lagen und auch gesundheitlich habe ich mich am Wettkampftag fit gefühlt. Rückwirkend betrachtet vermute ich eine falsche Einstellungen auf dem Rad als Ursache für meine Schwäche am Berg, aber das gilt es in den nächsten Tagen erst noch genauer zu analysieren. Die Übelkeit beim Laufen hängt vermutlich mit dem Leitungswasser aus Lanzarote zusammen. Das ist bekanntermassen nicht so gut und daraus wurden vermutlich die Eiswürfel gemacht, die unterwegs in den Getränken drin waren. Vorher hatte ich mir dazu leider keine Gedanken gemacht und letztendlich beim Marathon mit der Übelkeit dafür bezahlt. Trotzdem es war ein toller Wettkampftag und ich will ihn nicht missen. Ich hoffe, der Ironman wird auch über 2011 hin bestehen bleiben. Dieses Rennen sollte man als Ironman einfach mal gemacht haben!

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